Interview Cary Fukanaga: "Der Tod war immer präsent"

Interview Cary Fukanaga: "Der Tod war immer präsent"
Schon als Kind liebte Cary Fukanaga "Jane Eyre": als Schwarz-weiß-Verfilmung aus dem Jahr 1943, mit Orson Welles und Joan Fontaine in den Hauptrollen.

Heute, als Erwachsener mit Jahrgang 1977, gefällt ihm die Geschichte immer noch - und so schnappte er sich den Stoff für seinen zweiten Spielfilm. Ein absoluter Genre-Wechsel, denn Fukanaga debütierte mit dem umjubelten Drogen-Thriller "Sin Nombre" (2009).

KURIER: Mr. Fukanaga, "Jane Eyre" wurde schon x-mal verfilmt. Was hat uns die Geschichte heute zu sagen?
Cary Fukanaga: Sehr viel natürlich. Dass es ganz entscheidend ist, zu seiner eigenen Meinung zu stehen und integer zu bleiben - selbst wenn man damit völlig alleine da steht.

Auffallend in Ihrer Verfilmung ist der grausame Umgang der Leute miteinander...
Ich habe mich sehr intensiv mit der Mitte des 19. Jahrhunderts beschäftigt - mit dem Beginn der Industrialisierung und der Globalisierung. Damals war das Leben tatsächlich sehr harsch. Der Vater der Brontë-Schwestern engagierte sich für Menschenrechte, Arbeitsgesetze und gegen die Sklaverei. Insofern waren die Töchter auch stark mit sozialen Themen konfrontiert.

Der Umgang mit Kindern ist in "Jane Eyre" ganz besonders brutal. Warum?
Das Leben der Kinder war besonders schwierig - man begann damals gerade, über Arbeitsgesetze für Kinder nachzudenken. Viele sind auch ganz jung gestorben. Der Tod war immer präsent - gerade auch im Leben der Brontës. Der Ort Haworth
in Yorkshire, wo sie lebten, war berüchtigt für seine vielen Kindstode. Später hat sich heraus gestellt, dass der Fluss, der die Stadt versorgte, vergiftet war - weil er durch den Friedhof floss.

Was hat Sie zu Ihren schaurig-schönen Filmbildern inspiriert?
Es gibt eine zeitgenössische Fotografin - Hellen Van Meene -, die ich sehr gut finde. Sie fotografiert vor allem junge Frauen, oft in weißen Nachthemden, die sehr geisterhaft und ätherisch wirken. Aber ich habe mir auch Porträtfotos aus der damaligen Zeit angesehen. Dabei fällt auf, wie durchwegs ernsthaft die Menschen dreinschauen, vor allem die jungen Mädchen: Sie wirken, als würden sie die Last der Welt auf den Schultern tragen. Eine Sechsjährige sieht heute ganz anders aus als damals.

Charlotte Brontë beschreibt Mr. Rochester als brutalen, unschönen Mann. In Hollywood ist das wohl nicht möglich, oder?
Also, ich finde Michael Fassbender eigentlich gar nicht so gut aussehend. (lacht) Aber die Frauen sehen das wohl anders...

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