Interview: Antoine Fuqua: "Sehe meine Hautfarbe jeden Tag"

Arbeitet zum dritten Mal mit Antoine Fuqua zusammen: Oscarpreisträger Denzel Washingon (re.) nimmt Rache in „Die glorreichen Sieben“
Regisseur Antoine Fuqua drehte ein Remake von "Die glorreichen Sieben" mit Denzel Washington.

Antoine Fuqua gehört zu den Action-Routiniers Hollywoods. Auf seiner Werkliste stehen Filme wie "Training Day", "King Arthur" oder "The Equalizer". Für sein Remake des Western-Klassikers "Die glorreichen Sieben" (Kinostart: 23.9.) engagierte er zum dritten Mal Denzel Washington, der für die Hauptrolle in "Training Day" seinen zweiten Oscar erhalten hatte. In dem streckenweise etwas zähflüssigen Abenteuer kämpft Washington mit sechs verbündeten Revolverhelden für eine bedrohte Western-Kleinstadt.

Ein Gespräch über schwarze Westernhelden, Tarantinos "Nigga" und den Kampf um Anerkennung in Hollywood .

KURIER: Erinnern Sie sich daran, wie Sie erstmals "Die glorreichen Sieben" gesehen haben?

Antoine Fuqua: Oh ja, damals war ich noch ein kleiner Bub und habe mit meiner Großmutter Ferngesehen. Ich erinnere mich besonders an den Anfang: Yul Brunner und Steve McQueen spielen zwei Cowboys, die beobachten, wie einem Native American ein Begräbnis verweigert wird. Aus purem Rassismus. Und sie sorgen dafür, dass der Mann begraben wird wie jeder andere. Das hat unglaublichen Eindruck auf mich gemacht und ich habe mich sofort in die Burschen verliebt. Dieser Film bedeutet mir bis heute sehr viel.

"Die glorreichen Sieben" von 1960 waren bereits ein Remake von Akira Kurosawas "Die sieben Samurai" von 1954. Stimmt es, dass Sie sich stark am japanischen Original orientiert haben?

Im Kern der Geschichte geht es darum, für jemand anderen eine Opfer zu bringen. Insofern bin ich immer wieder zu Kurosawa zurück gekehrt, denn Samurai bedeutet "Diener" – für das Wohl der anderen zu dienen. Ich habe mich bemüht, dass dieses Thema stark erhalten bleibt. Aber es geht natürlich auch um den Spaß, den die Helden miteinander haben.

Haben Sie bei Ihrer Besetzung die Original-Helden im Kopf gehabt – also etwa Yul Brunner und Steve McQueen bzw. Toshirô Mifune als Samurai?

Chris Pratt spielt eine Mischung aus Steve McQueen und Mifune: Er sorgt dafür, dass der Humor in der Story gewahrt bleibt. Denzel Washington ist eine eher düstere Figur und näher bei Kurosawa – im Gegensatz zu Yul Brunner, der einen viel lebhafteren Charakter und mehr Dialoge hatte.

Interview: Antoine Fuqua: "Sehe meine Hautfarbe jeden Tag"
epa04402441 US director Antoine Fuqua poses during the presentation of his movie 'The Equalizer' in Berlin, Germany, 16 September 2014. The movie opens in German cinemas on 09 October. EPA/JOERG CARSTENSEN
Weil Sie Rassismus erwähnten: Was kann ein schwarzer Western-Held, wie ihn Denzel Washington spielt, dem Western-Mythos heute hinzufügen?

Die Wahrheit. Denn der "Wilde Westen" war keineswegs weiß, wie ihn Hollywood immer dargestellt hat. Es gab eine große Zahl schwarzer Cowboys. Einige John-Wayne-Filme basieren auf schwarzen Vorbildern, wie beispielsweise "The Searchers" ("Der Schwarze Falke") von John Ford. Aber es gab auch viele asiatische Cowboys, denn die Leute kamen von überall her. Hollywood hat ein sehr einseitiges Bild vom weißen Mann im Wilden Westen gezeichnet. John Wayne spielte die längste Zeit den anständigen Cowboy in den frühen John-Ford-Filmen, doch dann haben sich die Zeiten gewandelt. In "The Searchers" ist er bereits eine sehr gebrochene Figur. Dann kam Sam Peckinpahs "The Wild Bunch" ("Sie kannten kein Gesetz") und hat den Western weiter verändert. Schließlich betrat Clint Eastwood in den Filmen von Sergio Leone den Plan und verkörperte den Anti-Helden. Es gibt sogar einen Film, da vergewaltigt er eine Frau ("Ein Fremder ohne Namen", Anm.) Das wäre früher undenkbar gewesen.

Weil Sie sagen, der Western verändert sich: Wie stehen Sie zu den Filmen von Quentin Tarantino, in dessen Western "Django Unchained" oder "The Hateful Eight" ebenfalls schwarze, oft ambivalente Helden spielen?

Also, wenn Sie mich fragen: Ich persönlich brauche keinen Film, in dem das Wort "Nigga" vierhundert Mal ausgesprochen wird. Ich will nichts Negatives über Tarantino sagen, denn er ist ein Freund von mir. Er hat mir "The Hateful Eight" gezeigt, ich habe ihm meine Meinung dazu gesagt, und das bleibt zwischen ihm und mir. Ich hege also keinen Ärger gegen ihn. Caravaggio hat auch Bilder gemalt, in denen er religiöse Figuren mit abgeschnittenen Köpfen zeigt. Als Künstler bist du frei zu tun, was du tun willst, da verurteile ich niemanden.

Aber finden Sie Tarantinos Filme beleidigend?

Ich fühle mich nicht beleidigt, denn er nennt mich ja nicht persönlich "Nigga". Das ist ja das Schöne an Filmen: Du kannst als Filmemacher tun, was du willst – und das Publikum entscheidet. Wenn das Publikum sein Geld dafür ausgibt – gut für dich. Wenn du mit deinem Film allerdings eine Menge Leute beleidigst, dann lernst du hoffentlich dazu. Mehr sage ich nicht. Und Tarantino ist ein brillanter Filmemacher.

Es gab letztes Jahr bei der Oscar-Verleihung eine große Debatte darüber, dass kein schwarzer Künstler nominiert worden war. Nun sind Sie in Hollywood praktisch der einzige schwarze Action-Regisseur. Wie stehen Sie zu dieser Diskussion?

Diskutieren ist gut und schön, aber letztlich zählt die Arbeit, die man abliefert. Es gab beispielsweise große Aufregung darüber, dass es im US-Football keinen schwarzen Quarterback (Spielgestalter, Anm.) gibt. Doch dann haben schwarze Quaterbacks begonnen, zu gewinnen und heute gibt es plötzlich auch schwarze Trainer. Ich wache jeden Tag in der Früh auf und sehe die Farbe meiner Haut. Aber man kann niemanden dazu zwingen, einen zu mögen. Dinge ändern sich nur, wenn man tut, was ich gerade getan habe: Denzel Washington eine Hauptrolle geben. Wenn man Erfolg hat, muss Hollywood das anerkennen – und die nächste Person, die so aussieht wie ich, bekommt eine Chance. Und das ist mein Job: Nicht zu protestieren, sondern zu arbeiten.

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