Fotokunst für alle

Fotokunst für alle
Handyfotografie etabliert sich zusehends auch im professionellen Bereich. In der Pressefotografie – und neuerdings auch in der Fotokunst.

Die beste Kamera ist die, die man dabei hat“, gab der Fotograf Chase Jarvis 2009 als Parole aus. Nicht zuletzt deshalb, um auch seine eigene Kamera-App fürs SmartPhone zu bewerben. Auf „BestCamera“ konnte man seinem Bild mittels 14 verschiedener Filter die gewünschte Note verleihen. Parallel zu seiner App veröffentlichte Jarvis einen Bildband – mit Fotografien, die er ausschließlich mit seinem iPhone gemacht hatte. Eines der ersten Zeichen der iPhonographie (zu der später die Droidography kommen sollte) und eine Ansage, immerhin ist Chase Jarvis 2007 zum "Hasselblad-Master" ernannt worden – und das als bisher jüngster Fotograf überhaupt.

Seither sind vier Jahre vergangen. Vier Jahre, in denen die Verbreitung von Handybildern rasant zugenommen hat. 2010 verband Instagram die schön anzusehenden Effekte der vorgegebenen Filter erstmals mit den Vorzügen einer Online-Community und hob die Handyfotografie so auf ein neues Level. Schnappschüsse aus dem Alltag sind seither integraler Bestandteil des Online-Lebens von Millionen von Menschen geworden.

Doch unabhängig vom privaten Gebrauch – welchen Stellenwert hat die Handyfotografie im Bereich der professionellen Fotografie, ob nun in der Pressefotografie oder der Fotokunst?

Revolution

Für erstere kristallisierte sich in den vergangenen Jahren vor allem die Reichweite der Bilder in sozialen Netzwerken (seit Instagram kamen eine Reihe von Anbietern wie etwa Eye Em dazu – als Filter-App hat sich Hipstamatic etabliert) als interessanter Aspekt heraus.

Entwicklung, Veröffentlichung, Verbreitung. Alles mit nur einem Klick – innerhalb weniger Sekunden. Das bedeutet auch Information aus erster Hand. Als etwa der Wirbelsturm Sandy 2012 New York lahm legte, gab das Times Magazin fünf lokalen Fotografen Zugriff auf den Instagram-Kanal des Mediums – und konnte seinen Lesern so die aktuellsten Bilder liefern.

„Ich habe absolut keinen Zweifel daran, dass der wichtigste Aspekt der Smartphone-Fotografie im Allgemeinen ihre sofortige Verbreitungsmöglichkeit ist“, konstatiert Richard Koci Hernandez, Assistenzprofessor für Neue Medien in Berkley, in einem Interview über Hipstamatic. „Die verbundene („connected“) Kamera hat die Welt der Fotografie revolutioniert.“

Im November 2010 veröffentlichte die New York Times eine Bildstrecke mit vier Fotos, die mit Hipstamatic aufgenommen wurden. Der Pulitzer-Preisträger Damon Winter hatte mit seinem iPhone den Krieg in Afghanistan dokumentiert. Hier war nicht die Aktualität ausschlaggebend. Es war die Ästhetik der Vintage-Filter, die Leser sonst nur von ihrem persönlichen Facebook-Profil oder Instagram-Account kannten.

Kontrovers

Anfängliche Diskussionen um die Unverfälschtheit der Bilder, da die verwendeten Filter eine Bildmanipulation darstellten sind zwar längst verflogen. Anerkannte Fotojournalisten wie Ed Kashi oder Michael Brown arbeiten mittlerweile ganz selbstverständlich auch mit Smartphones – veröffentlichen die Bilder jedoch meist nur in Ergänzung zu ihrer Arbeit mit professionellen Kameras auf ihren Blogs.

Dass die Chicago Sun Times aus Einsparungsgründen die gesamte Foto-Abteilung mit 30 Mitarbeitern auflöste, sorgte zu Beginn vergangener Woche dann aber doch für Verwunderung. Der Plan: Freelancer sollten die angestellten Fotografen ersetzen – unter anderem, indem sie mit ihren iPhones Bilder machen. Neben der Diskussion um die Zukunft des Journalismus im Allgemeinen wurde auch die Frage nach der generellen Professionalität von Smartphone-Bildern im Speziellen aufgeworfen. Denn einfach draufhalten, so der Tenor, kann jeder.

Welche Rolle Smartphones künftig in der aktuellen Medienberichterstattung spielen, darüber wird aktuell auch am Fotofestival Browse diskutiert, das vergangene Woche in Berlin startete. Ein wichtiges Thema, zeigt sich John Colton, der künstlerische Direktor des Festivals, gegenüber KURIER.at überzeugt. „Während sich über Sharing Plattformen wie Instagram, Facebook, Twitter oder EyeEm Millionen begeisterte Fotoliebhaber über Fotografien austauschen, wird Smartphone-Fotografie unter Fotografen zumindest in Deutschland noch wenig ernst genommen.“

Mit dem Handy in die Galerie

Aus diesem Grund habe man bei dem auf Fotojournalismus spezialisierten Festival erstmals auch einen eigenen Wettbewerb für Smartphone-Fotografie veranstaltet. Hobbyfotografen konnten eine Serie von fünf Handy-Bildern einschicken. Die 40 besten Beiträge werden noch bis zum 13. August im Rahmen des Festivals ausgestellt – an der Seite von bereits etablierten Smartphone-Fotografen wie Bruno de Cock. „Uns als Jury ist wichtig zu sehen und zu bewerten, dass sich jemand ernsthaft mit einem Sujet beschäftigt hat und nicht einfach exzellente fotografische Zufallstreffer einreichen kann.“
(Eine Auswahl der Einsendungen finden Sie in unserer Bildergalerie)

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Foto Berlin Festival The Browse
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Ist Smartphone-Fotografie mittlerweile also auch schon in der Kunst-Welt angekommen? Toni Tramezzini ist sich da nicht so sicher. Der Wiener hat sich in seiner Galerie „Eigensinnig“ ganz auf Street Photography spezialisiert - einem Fotogenre, das seine Blütezeit in den 1930ern mit dem Aufkommen kompakterer Kleinbildkameras erlebte. Wenig überraschend, dass die typischen Momentaufnahmen auch in der Smartphone-Fotografie eine große Rolle spielen. Das merkt auch Tramezzini. „Die Street Photography hat definitiv Rückenwind. Wenn man sich etwa das Programm des Kunsthauses in Wien ansieht, sieht man, dass auch dort viele Street Photographer wie Saul Leiter und René Burri gezeigt werden. Allerdings im musealen Rahmen.“

Inflationär

Junge Nachwuchskünstler hätten es da schon bedeutend schwerer. Denn Street Photography werde mittlerweile inflationär gebraucht. Jeder kann einen Schnappschuss von einer Straße macht, wo ein paar Menschen drauf sind und sagen: Das ist Street Photography. „Genau damit haben junge Nachwuchstfotografen, die die Street Photography ernsthaft betreiben wollen, zu kämpfen. Bei vielen Galerien haben sie deshalb einfach keine Chance.“

Das ist auch der Grund, weshalb er sich nicht vorstellen kann, künftig Bilder von Smartphones auszustellen. „Vielleicht denke ich in 10 Jahren anders darüber, aber vom jetzigen Standpunkt aus würde ich solche Bilder in meiner Galerie nicht ausstellen. Wir wollen professionelle Street Photography etablieren – das würde die ganze Aufbauarbeit zunichte machen.“

Vielleicht hat Chase Jarvis Recht und die beste Kamera ist wirklich die, die man dabei hat. Die besten Fotos macht sie deshalb noch lange nicht - dafür ist der Fotograf verantwortlich. Nach wie vor. Mit Hilfe der Filter-Apps mögen viele Fotografien ästhetisch erscheinen und professionell wirken. Bildkomposition und eine persönliche Bildsprache können so jedoch nicht ersetzt werden - darüber sind sich alle einig.

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