Im Wiener Künstlerhaus wird viel Glas zerbrochen
Im Sommer 2015 schien alles eitel Wonne: Michael Pilz, der neue Präsident der Gesellschaft bildender Künstlerinnen und Künstler Österreichs, informierte die Mitglieder, dass Hans Peter Haselsteiner die Sanierung und den Ausbau des Künstlerhauses am Karlsplatz finanzieren werde. Natürlich nicht selbstlos: An der gemeinsam gegründeten Betreibergesellschaft hält Haselsteiners Familien-Privatstiftung 74 Prozent, der Künstlerverein die restlichen 26 Prozent. Dem neuen Haupteigentümer der Sammlung Essl wurde zugesichert, das gesamte Erdgeschoß nutzen zu dürfen.
Mit der Bespielung beauftragte Haselsteiner Klaus Albrecht Schröder, den Direktor der Albertina, der schon länger Möglichkeiten für eine Expansion gesucht hatte. Ende November 2015 schwärmte Schröder im KURIER-Interview: "Die Ausstellungsflächen werden in jenen Zustand zurückgeführt, den sie ursprünglich hatten. Unsere Vision ist es, den größten Oberlichtsaal Österreichs wiederherzustellen."
Es blieb bei der Vision. Denn das Glasdach des Plastikersaals wird abgerissen, die Idee der natürlichen Beleuchtung damit dauerhaft zerstört. Dies bestätigt Peter Zawrel, der Geschäftsführer des Künstlerhauses. Allerdings redet er lieber vom "Zuckerl", das der Verein bekäme, und zwar eine technisch toll ausgestattete "Factory", die direkt über dem zentralen Saal errichtet werden soll.
Eigentlich hätte ja das "Loch" zwischen U-Bahn-Station und Künstlerhaus mit einer multifunktional nutzbaren "Arena" gefüllt werden sollen. Doch dann wäre die Symmetrie des Gebäudekomplexes gestört gewesen. Das Bundesdenkmalamt legte sich quer – und sei daher, sagt Zawrel, mit dem Ausbau über dem Plastikersaal einverstanden gewesen. Einen Blick in den BDA-Bescheid will er aber nicht gewähren.
Für die Albertina dürfte die Umplanung jedenfalls eine glückliche Fügung gewesen sein. Denn das "Loch" wird trotzdem gefüllt – mit einem nicht so hohen Studio für Fotoausstellungen.
All diese Maßnahmen führten intern zu massiver Kritik. Im März veröffentlichten 14 Mitglieder, darunter die Künstlerinnen Ulrike Truger und Ona B, die Ex-Präsidenten Joachim Lothar Gartner und Manfred Nehrer sowie die Architekten Martin Kohlbauer und Dimitris Manikas einen offenen Brief. Man beklagte u.a. mangelnde Transparenz, verbale Entgleisungen, zurechtgebügelte Protokolle und autokratisches Agieren.
Pilz sprach daraufhin gegenüber der APA "von pathologischen Unruhestiftern" – eine absurde Bezeichnung für den seriösen, bedächtigen Architekten Nehrer – und kündigte deren Ausschluss an. Tatsächlich wurden elf der 14 Kritiker, darunter die beiden Vorgänger von Pilz, am 10. Mai ausgeschlossen.
"Die Härte, die von oben kommt, erinnert sehr an die Führung totalitärer Staaten", so deren Kommentar. Man habe die Kritikpunkte öffentlich geäußert, weil man in den Gremien kein Gehör gefunden habe. Das Wesen der Demokratie müsse Kritik erlauben, akzeptieren und als Chance zur Verbesserung annehmen. Zuvor waren bereits mehrere Mitglieder ausgetreten, weil sie mit dem Agieren des herrischen Präsidenten nicht einverstanden waren.
Pilz hatte bei seiner Wahl Ende 2012 nicht nur "einen neuen Wind" versprochen, sondern auch eine "offene und transparente Zusammenarbeit auf breiter Basis der etwa 500 Mitglieder". Ob er das bis zur nächsten Wahl einzulösen vermag?
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