Im Lichte der Vergangenheit

John Banville im Vorjahr in Salzburg, wo er den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur entgegennahm.
Was für eine "raffinierte Simulantin" diese "Madame Erinnerung" doch ist.

Auf der Hitliste der schönsten ersten Sätze müsste auch der hier weit vorne stehen: "Billy Gray war mein bester Freund, und seine Mutter war meine erste Liebe."

Der Mittfünfziger Alex Cleave erinnert sich daran, wie er als 15-Jähriger eine 35-Jährige liebte. Könnte sein, dass sie noch lebt. Wie es ihr wohl geht?

Ich-Erzähler Alex, bekannt aus früheren Romanen Banvilles, hat schon bessere Zeiten erlebt. Beruflich – er ist Schauspieler – ebenso wie privat. Die Leidenschaft zu seiner Frau ist verblasst und den Selbstmord seiner Tochter vor zehn Jahren hat er nie verwunden. Nun, "in diesen leisen, fahlen Tagen", erinnert er sich an früher, jedoch: "Madame Erinnerung ist eine große, raffinierte Simulantin."

Im Lichte der Vergangenheit

Die Erinnerung ist einer von zwei Erzählsträngen, die der mehrfach ausgezeichnete irische Schriftsteller John Banville zu seinem Roman "Im Lichte der Vergangenheit" flicht. Der zweite ist die platonische Liebesgeschichte zwischen Alex und einer Schauspielerin, mit der er nun einen Film über den Literaturkritiker Axel Vanders dreht. Und hier wird es kompliziert: Mit ihm hatte Cleaves Tochter einst eine Affäre. Etwas konstruiert? Mag sein. Doch man muss nicht alles hinterfragen. Und man kann, aber muss hier nicht jede kulturhistorische Anspielung verstehen, man kann auch einfach genießen. Ein melancholisches Buch hat der 68-jährige Banville da geschrieben. Wer zu feuchten Augen neigt, braucht auch hier ein Taschentuch.

KURIER-Wertung:

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