Huppert und Depardieu: Wiedersehen im Tal des Todes

Filmseite: Valley of Love
Isabelle Huppert und Gérard Depardieu begegnen sich als Ex-Ehepaar in der Hitze von Death Valley.

Es ist 35 Jahre her, seit Gérard Depardieu und Isabelle Huppert gemeinsam vor der Kamera standen: Das war 1980 in "Loulou" von Maurice Pialat. Huppert trug damals einen dichten Pony und Depardieu keinen Bauch.

35 Jahre später spielen sie ein geschiedenes Ehepaar namens Gérard und Isabelle – und einiges hat sich verändert. Während Huppert immer noch von ätherischer Schönheit ist, hat Depardieu bekanntlich massiv an Körperumfang zugenommen. In gewisser Weise spielt sein Bauch so etwas wie eine eigene Rolle: "Ich bin dick geworden", sagt Gérard zu Isabelle. "Wenn du dich wohl fühlst ...?", sagt Isabelle achselzuckend, doch seine Antwort ist klar: "Wie sollte ich mich da wohl fühlen?"

Doch Gérard bleibt gelassen und schiebt seinen Bauch als Zeichen der äußeren Bürde eines verdienten Lebens durchs Bild. Schweiß steht auf seiner Stirn, beschwerlich sind seine Schritte. Er befindet sich mit Isabelle im brütend heißen kalifornischen Death Valley. Der Abschiedsbrief ihres toten Sohnes Michael hat beide dorthin geführt. Michael hat sich umgebracht. In einem Brief verspricht er den Eltern ein mysteriöses Wiedersehen, wenn sie ihn im Todestal suchen.

Schon einmal hat Regisseur Guillaume Nicloux in seiner semi-dokumentarischen Tragikomödie "Die unabsichtliche Entführung des Michel Houellebecq" die Trennlinie zwischen Fiktion und Wirklichkeit genial verwischt. Nun verwendet er die Geschichte einer Sohnsuche dazu, die Körper zweier ikonischer Schauspieler des französischen und internationalen Kinos aufeinandertreffen zu lassen.

Die winzige, schlecht gelaunte, asketische Isabelle und der schnaufende, rauchende, trinkende Gérard: Zuerst gehen sie sich gegenseitig ziemlich auf die Nerven, doch dann setzt Gewöhnung ein. Wie bei zwei kommunizierenden Gefäßen beginnt die Vertrautheit über ihre Gesichter zu fließen und die Grenzen zwischen Schauspiel und gelebter Erfahrung einzureißen.

Bei einem der Spaziergänge erinnert sich Gérard an eine Liebesbegegnung mit Isabelle. In Gedanken an diesen Moment löst sich sein Gesicht in Glück auf, ein magischer Moment, in dem Depardieu seinen mächtigen Körper völlig harmonisch bewohnt. Und Isabelle? Kann sich nicht daran erinnern. Sie weint beim Lesen des Abschiedsbriefes ihres Sohnes: Hupperts Gesicht wird dabei ganz durchlässig – für Erinnerungen an etwas, das es vielleicht nie gegeben hat.

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