Horror-Psychothriller "Split": James McAvoy über seine Neunfach-Rolle

James McAvoy hat multiple Persönlichkeiten in "Split"
Gespräch mit Regisseur M. Night Shyamalan und James McAvoy über den "Split", derzeit Nummer eins der US-Kinocharts

Für manche Schauspieler mag bereits eine Doppelrolle eine Herausforderung sein. Nicht so für James McAvoy: Lässig übernahm er eine Neunfach-Rolle in M. Night Shyamalans spannendem Horror-Psychothriller "Split" (Kinostart: Donnerstag). Ausdrucksstark spielte sich der Schotte durch sein vielschichtiges Figurenkabinett – und verkörperte dabei auch Frauen und Kinder.

"Die ersten vier, fünf Figuren Figuren waren ziemlich leicht zu spielen", erzählt der 37-jährige im KURIER-Gespräch in seinem nicht ganz leicht verständlichen schottischen Akzent: "Aber danach gingen mir langsam die Ideen aus. Ich musste mich ein paar Wochen hinsetzen und mir ein paar neue Tricks einfallen lassen. Oft reicht ja nur eine winzige Veränderung beispielsweise mit dem Mund, der den Rest der Person völlig anders aussehen lässt und eine ganz andere Wahrnehmung auslöst."

McAvoy war für Joaquin Phoenix eingesprungen, der ursprünglich für die Rolle geplant war und hatte nur vier Wochen Vorbereitungszeit gehabt, die ihm schlaflose Nächte einbrachten. Trotzdem: " Ich habe es geliebt."

Warum James McAvoy, den man als jungen Professor Charles Xavier aus den "X-Men"-Filmen oder der Independent-Dramedy "Drecksau" kennt, so viele Persönlichkeiten auf einmal darstellen muss, ist leicht erklärt: Er verkörpert einen Mann mit DIS, sprich dissoziativer Identitätsstörung, und nimmt je nach Situation unterschiedliche Persönlichkeiten an. Mal ist ein smarter Modedesigner, mal ein perverser Mädchenentführer; mal ein neunjähriger Bub oder eine katholische Frau; wahlweise nennt er sich Barry oder Dennis, Hedwig oder Patricia – was immer die jeweilige Situation von ihm fordert. Insgesamt hat James McAvoy in "Split" 24 verschiedene Persönlichkeiten intus, von denen er aber "nur" neun auf die Leinwand bringen muss. Auf YouTube studierte er unzählige Video-Tagebücher von Menschen mit DIS – "um herauszufinden, wie jemand in so einer Situation durch den Tag kommt, seine Wäsche macht und einkaufen geht."

Supernatural

M. Night Shyamalan, Regisseur und Drehbuchautor von "The Sixth Sense", "Unbreakable" oder "The Visit" hat noch nie ein Hehl aus seiner Vorliebe für "the Supernatural" gemacht. Ihm kam DIS gerade recht, um ein gefinkeltes Drehbuch zu verfassen, in dem sich nicht nur die Personen, sondern auch das Genre immer wieder verändert und überraschende Haken schlägt.

Horror-Psychothriller "Split": James McAvoy über seine Neunfach-Rolle
Regisseur M. Night Shyamalan, James McAvoy
"Es ist unglaublich faszinierend, wie eng Körper und Geist verbunden sind", sagt Shyamalan in dem für ihn typischen Affentempo: "Menschen mit DIS glauben bespielsweise, dass eine ihrer Persönlichkeiten blind ist. Wenn man sie untersucht, ist sie es auch. Doch zwei Persönlichkeiten weiter ist sie es nicht mehr. Oder: Eine ihrer Persönlichkeiten hat hohes Cholesterin, doch eine andere Persönlichkeit hat niedriges; einer ist Diabetiker und muss Insulin spritzen, der andere würde an dem Insulin sterben – obwohl alle Persönlichkeiten im gleichen Körper wohnen. Das ist wissenschaftlich belegt."

Daraus ergeben sich Fragen, die vor allem für ein spannendes Filmdrehbuch von Relevanz sein können: Was, wenn sich ein Mensch mit verschiedenen Persönlichkeiten für einen Superhelden hält? Könnte er seinen Körper mit Superhelden-Kräften ausstatten?

Hier befinden wir uns bereits im Reich der Fantasie, doch Shyamalans Augen beginnen zu leuchten: "Könnte jemand, der sich für übermenschlich hält, tatsächlich Eisen verbiegen? Oder über Feuer gehen, ohne sich die Füße zu verbrennen?"

In einem Genre-Twister von M. Night Shyamalan kann er. Und alle wollen es sehen: "Split" stürmte am Wochenende gleich an die Spitze der amerikanischen Kino-Charts und spielte bereits 40,2 Millionen Dollar ein – das vierfache seines knapp zehn Millionen großen Produktionsbudgets.

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