Hits, die einmalig blieben

Sugarhill Gang lieferte mit "Rapper's Delight" den ersten Hip-Hop-Hit.
Ein liebevoll illustriertes Buch erinnert an die "One-Hit Wonders" von sechs Dekaden.

1974 in England: Der britisch-indische Künstler Biddu engagiert einen gewissen Carl Douglas als Backing-Sänger für einen seiner Songs. Nach getaner Arbeit ist noch Zeit, um eine B-Seite aufzunehmen. Die beiden greifen den damals in Kinos grassierenden Martial-Arts-Trend auf, schreiben auf der Basis eines Textes von Douglas in nur zehn Minuten "Kung Fu Fighting".

Der Song verkaufte sich zwölf Millionen Mal. Und Carl Douglas wurde damit das Paradebeispiel eines One-Hit Wonders.

Wildlederschuhe

An fast 80 dieser Hit-Songs, deren Interpreten danach sofort wieder in der Versenkung verschwunden sind, erinnern die Illustratorin Carolin Löbbert und der Musikjournalist Marcus Lucas mit ihrem Buch "Ice Ice Baby – One-Hit Wonders 1955-2015".

Man erfährt darin, dass "The Banana Boat Song" – bevor Harry Belafonte ihn aufnahm – schon 1956 einmal ein Hit war. Das New Yorker Trio The Tarriers hatte dafür ein jamaikanisches Traditional bearbeitet. Und es war Johnny Cash, der auf einer gemeinsamen Tour Carl Perkins geraten hat, ein Lied über blaue Wildleder-Schuhe zu schreiben. "Blue Suede Shoes" wurde zum ersten Nummer-1-Hit des Rock ’n’ Roll. Und Carl Perkins gelang danach nie wieder ein Top-40-Hit.

Erster Rap-Hip

Ebenso prägend war "Rapper’s Delight" von Sugarhill Gang. Von einem Trio, das eine findige Produzentin aus einem Pizzabäcker, einem Friseurlehrling und einem Schüler zusammen-gecastet hatte, um über die Funk-Hymne "Good Times" von Chic zu rappen. Der Song wurde der erste Single-Hit des Hip-Hop. Die Sugarhill Gang zu einem One-Hit Wonder.

Hits, die einmalig blieben
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Springen all diese One-Hit Wonder-Melodien sofort mit dem Lesen des Titels wieder ins Gedächtnis zurück, braucht die Erinnerung an die Interpreten dringend Auffrischung. Die liefern Löbbert und Lucas mit liebevollen Zeichnungen und witzigen oder kuriosen Hintergrund-Storys – etwa über die "Singing Nun" aus Belgien ("Dominique"), Mungo Jerry ("In The Summertime") und "Love Is In The Air" von John Paul Young.

Diskutieren kann man an wenigen Stellen über die Auswahl der beiden. Denn für sie ist Nena mit "99 Luftballons" eine One-Hit-Wonder geblieben. Und bei Conchita fragen sie sich schon jetzt, ob die nicht eines bleiben wird.

Nicht überraschend: In den 90ern, der Blütezeit der Platten-Industrie, in der jede Menge Geld übrig blieb, das man in obskure Projekte stecken konnte, fanden die Autoren die meisten One-Hit-Wonders. Spitzenreiter 1995 hat vier Einträge, darunter Los Del Rio mit "Macarena". Und 1997 tönte neben dem zur Hymne der Frauenbewegung gewordenen "Bitch" von Meredith Brooks noch "Brimful Of Asha" von Cornershop und "Barbie Girl" von Aqua aus den Radios.

Zeitgeist

Was Löbbert an dem Thema ihres Buchs am meisten beeindruckt hat: "Wie sehr One-Hit Wonders für einen bestimmten Zeitgeist stehen: Zum Beispiel Scott McKenzie mit ,San Francisco’: Dieser Song drückt in Wort und Melodie so vieles aus, was die Zeit damals ausmachte. Mich fasziniert, dass ein einziger Song vermitteln kann, wofür Geschichtsbücher womöglich mehrere hundert Seiten benötigen."

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