Hermanis-"Tosca" in Berlin missglückt

Fabio Sartori als Cavaradossi vor der Über-Tosca
Barenboim. Der Staatsopern-Chef rettet seine allererste Puccini-Oper.

Der Lette Alvis Hermanis galt nach nur vier Operninszenierungen schon als Antipoden-Hoffnung zum erschöpften Regietheater. Doch die fünfthäufigst gespielte Oper neu zu interpretieren, ist auch in konservativem Stil schwer. Auch weil die "Tosca" dazu weniger Spielraum lässt als alle anderen: Sie spielt an präzisest definierten Orten im Rom von 1800. Hermanis führt deshalb eine "zweite Ebene" ein: Ein gemalter Comic-Strip der Originalschauplätze mit den Ideal-Figuren im Habitus der Zeit füllt die obere Hälfte der Bühne. Er zieht allein durch die Film-Sequenz viel Aufmerksamkeit auf sich. Auf der schmalen Restrampe davor agieren, wohl im Jahr 1900, dem Entstehungsjahr der Oper, die Sänger.

Das ist wie die Musik zu einem Stummfilm und funktioniert weder als Visualisierung innerer Monologe noch von Sonstigem: Dieses Libretto lässt eben fast nur Schwarz-Weiß, wahre Helden und schlimmste Schurken, zu.

Aber Daniel Barenboim rettet den Abend. Der 72-jährige Hausherr der Staatsoper dirigiert seinen allerersten Puccini mit Verve. So transparent und dabei oft wild, aber trotzdem kongenial, hört man die Tosca sehr selten.

An diesen Weltklasse-Tag des Orchesters reichen nicht alle Sänger mühelos heran. Souverän, auch im Spiel des machtbesoffenen Polizeichefs Scarpia, Michael Volle, gerade zum "Sänger des Jahres" gekürt. Anja Kampe ist eine brave, wenig "italienische" Tosca. Fabio Sartori singt den Cavaradossi ohne Zwischentöne. Seine sehr korpulente Erscheinung und auch Kampes Erscheinung verlieren optisch gegen den Comic oben. Verdienter Kurz-Applaus und einige Buhs für Hermanis.

KURIER-Wertung:

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