Hellmuth Karasek über elitäre Kultur

Hellmuth Karasek über elitäre Kultur
Hellmuth Karasek erzählt im KURIER-Interview Witze, spricht über die Salzburger Festspiele,"Talk im Hangar" und seine Gesangskünste.

Das Interview beginnt mit einem Witz. Graf Bobby fährt mit dem Zug von Wien nach Budapest. Grenzkontrolle. Der Zöllner lässt ihn Koffer, Reisetasche, Aktenkoffer öffnen. Überall Butterbrote. "Mit Verlaub", sagt er, "zu verzollen haben Sie ja offensichtlich nichts, aber warum um alles in der Welt haben Sie so viele Butterbrote dabei?" Was Graf Bobby darauf antwortet, ist leider nicht politisch korrekt, doch dem Bobby sei es verziehen: "Dort kriegt man eine Frau um ein Butterbrot."

Eigentlich wollen wir jetzt über die Salzburger Festspiele und über den Kulturbegriff an sich reden. Hellmuth Karasek wird an den nächsten beiden Donnerstagen Gesprächsrunden zu diesen Themen moderieren.

Aber Graf-Bobby-Witze sind erstens lustig und zweitens heutzutage viel zu selten. Und Hellmuth Karasek ist eben nicht nur Literaturinstanz, Schriftsteller, Kulturjournalist. Er ist auch: sympathischer Sänger (seine Familie bestreitet das) und begnadeter Witzeerzähler (im Gespräch erzählt er drei). Im Herbst erscheint ein Witze-Buch von ihm. In seiner jüngsten Veröffentlichung, "Im Paradies gibt's keine roten Ampeln" sind Glossen aus mehren Jahren gesammelt.

"So wie es Wimbledon im Sport gibt, muss es auch in der Kultur etwas geben, das elitär ist."

Hellmuth Karasek über elitäre Kultur

KURIER: Herr Karasek, Sie waren 13 Jahre lang mit dem "Literarischen Quartett" regelmäßig im Fernsehen, jetzt moderieren Sie bei "Servus-TV". Ist Ihnen das Fernsehen abgegangen?
Hellmuth Karasek: Nein, erst vor ein paar Tagen sagte meine Frau zu mir, ich sei jetzt vier Mal im Fernsehen gewesen. Ich bin ziemlich viel im Fernsehen.
In den kommenden beiden Shows geht es um die Frage, ob Kulturerlebnisse, insbesondere die Salzburger Festspiele, wirklich etwas für "Jedermann" sind.
Ja, ich hatte mir überlegt, wie ich günstig an alle drei Inszenierungen von Mozarts Da-Ponte-Zyklus komme. Als mich der Sender fragte, ob ich diese Sendung machen will, dachte ich "hurra, jetzt hast du den Vorwand."

Apropos Mozart: Sie sagten einmal, Ihr "Lieblingssong" sei die Figaro-Arie aus der "Hochzeit des Figaro"?
Ja, das wechselt. Figaros Eifersuchtssong mag ich sehr. Und "Lisztomania" von "Phoenix", der Popgruppe meines Neffen.

Auch zu Nat King Cole haben Sie einen Draht, wie im Fernsehen zu sehen war.
Ja, da war ich in der Sendung von Ina Müller eingeladen und habe dort mit ihr "Unforgettable" gesungen.

Sie haben dafür viel Applaus bekommen, "Hellmuth"-Sprechchöre, die nach Zugaben riefen. Wollen Sie das nicht wieder machen?
Ha! Da müssten Sie mal meine Familie fragen! Die schlagen die Hände überm Kopf zusammen, knien sich vor mir hin, was sie sonst nie tun würden, und sagen: "Papa, mach das nicht! Du bist der einzige, der glaubt, dass du singen kannst!"

Also nocheinmal öffentlich singen, zum Beispiel bei Servus, kommt nicht infrage?
Ich kann mir alles vorstellen, aber das nicht.

Schade, denn in der kommenden Sendung geht es unter anderem ja auch die Erweiterung des Kulturbegriffs. Weg vom Elitismus.
Ich hab überhaupt nichts gegen das Elitäre. Kultur und Kunst waren immer Sache der Leute, die Geld und Muße dazu hatten. In einer demokratischen Gesellschaft sucht man nach Geld aus.

Der Status Quo, dass nur die, die sich's leisten können, Kultur konsumieren, soll aufrecht erhalten bleiben.
Ja.

Also von Initiativen, die Menschen mit geringem Einkommen verbilligten Kulturgenuss ermöglichen, halten Sie nichts?
Ich hab' nix dagegen. Aber die Salzburger Festspiele sind ein elitäres Festival, wo man sehr viel Geld für Karten zahlt. Geld, mit dem man die die sehr hohen kulturellen Ansprüche schärfen kann.

Bleiben wir in Salzburg: Seitenweise Berichte über eine Veranstaltung, die sich nur wenige Menschen leisten können. Geht das nicht an den Leuten vorbei?
Na, was glauben Sie, wie Kulturentscheidungen generell an den Leuten vorbei gehen. Wenn ich mir die Kulturgeschichte anschaue: So wie es Ascot gibt, oder Wimbledon im Sport, so muss es auch in der Kultur etwas geben, das elitär ist.

Sozialismus in Kunst und Kultur wäre eine Illusion?
Na, das findet ja statt. Sowohl von Bayreuth als auch von Salzburg gibt es TV-Übertragungen.

Karasek: Literatur und Fernsehen

Moderator
Seit Jahresbeginn verstärkt der 1934 in Brünn geborene Literaturwissenschafter Hellmuth Karasek beim Salzburger Privatsender Servus TV das Moderatorenteam vom "Talk im Hangar-7". Er wechselt sich als Gastgeber mit Frank Schirrmacher, dem Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Nachrichtenmoderator Ruprecht Eser und KURIER-Chefredakteur Helmut Brandstätter ab.

Gast
Ursprünglich war Karasek dort Gast, zuerst habe er gar nicht gewusst, was das für ein Sender sei. "Ich dachte ,Servus', das klingt ja komisch." Ein Bekannter hat ihm die Sache empfohlen, das sei ein wunderbarer Sender, da könne er hingehen.

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