Heikle Personalfragen im ORF

Sparen, aber wie? Strategische Herausforderungen im ORF
SPÖ-Stiftungsrat kritisiert Finanzdirektor und fordert Kulturwandel.

Der ORF kaut gerade an seinem großen Sparpaket und bittet seine Mitarbeiter deshalb freundlich, zu gehen. Nicht nur der vorzeitige Antritt des Ruhestandes wird versüßt: In einem Mail an die Mitarbeiter Ende Juni boten Generaldirektor Alexander Wrabetz und Finanzdirektor Alexander Nadler auch jüngeren Kollegen ein "Angebot für Jungaussteiger/innen" an. Der Betriebsrat tobte deswegen.

Einer der gewichtigsten Stiftungsräte im obersten ORF-Gremium, pocht nun auf eine durchdachte Personalentwicklung. Heinz Lederer, neuer Leiter der SPÖ-Fraktion im Stiftungsrat, übt leise Kritik am Finanzdirektor wegen dieses Briefs: "Es war wohl nicht der Weisheit letzter Schluss, so ein Schreiben vor der Urlaubszeit zu verschicken", sagte er dem KURIER. Damit würde man die Mitarbeiter in Unsicherheit entlassen. Außerdem fehle seit Jahren ein konkreter Ansprechpartner im Unternehmen für diese Agenden: "Wir brauchen dringend einen Personalchef und einen Personalentwickler", fordert Lederer.

Heikle Personalfragen im ORF
ABD0031_20170601 - WIEN - ÖSTERREICH: Stiftungsrat Heinz Lederer am Donnerstag, 1. Juni 2017, anl. einer Sitzung des ORF-Stiftungsrates im ORF-Zentrum in Wien.. - FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER
Er warnt vor einem Braindrain im Öffentlich-Rechtlichen: "Die besten Leute sind die, die als Erstes gehen". Er trifft damit einen heiklen Punkt. Denn einerseits muss derORFbis 2021 300 Leute einsparen, andererseits drohen schon bald danach große Pensionierungswellen, wenn die geburtenreichen Jahrgänge der Nachkriegszeit (die sogenannten "Babyboomer") in Pension gehen. Damit wird plötzlich quer durchs Unternehmen wertvolles Know-how verloren gehen. Die strategische Herausforderung für einen Personalchef wäre es, Nachwuchs an deren Jobs heranzuführen, aber gleichzeitig zu sparen.

Kulturwandel

Lederer pocht auf einen Wandel der Unternehmenskultur: Bisher steige man hierarchisch auf oder bleibe beruflich stehen. Sich für das gleiche Geld anderen Tätigkeiten zu widmen, komme so gut wie nicht vor. Den Abgang von Wolfram Pirchner bezeichnet er als Positivbeispiel: Dieser habe erkannt, dass er in der Selbstständigkeit genauso erfolgreich sei, entsprechend habe man ihm einen Ausstieg ermöglicht.

Zores um Computer

Um die Innovationsfähigkeit des Unternehmens scheint es unterdessen nicht gut bestellt: Ab Oktober soll ORF online im 3. Stock des neu sanierten Hauptgebäudes zur ORFeins-Information ziehen. Wie aus dem Haus zu hören ist, gibt es Streit um multifunktionale Arbeitsplätze, auf denen sowohl Online- als auch TV-Aufgaben erledigt werden können. Lederer hat dafür kein Verständnis:"Das wäre altes Denken", sagt der Stiftungsrat. Er fordert entsprechende Investitionen.

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