Hans Neuenfels: "Zuhören, zuhören und zuhören"

Hans Neuenfels führt erstmals an der Josefstadt Regie
Der Regisseur über "Quartett", Heiner Müller, Bayreuth, Politik und seine Pläne.

Es ist eine doppelte Premiere für den Regisseur. Erstmals inszeniert Hans Neuenfels im Theater in der Josefstadt. Erstmals setzt er mit „Quartett“ ein Stück von Heiner Müller in Szene. Und das, obwohl Neuenfels den Autor gut gekannt hat.

Warum also erst jetzt? „Weil Heiner Müller lange Zeit sehr von gewissen Regisseuren besetzt war und auch vom Konflikt zwischen BRD und DDR. Ich hätte da den Kopf nicht frei gehabt, mir hätte die Perspektive gefehlt. Wien ist ein idealer Ort für meinen ersten Heiner Müller“, so Neuenfels.

Wie die Arbeit mit Helmuth Lohner und Elisabeth Trissenaar ist?

„Als Regisseur muss man bei diesem Stück vor allem den Rahmen schaffen. Den Text müssen sich die Darsteller selbst aneignen. Dann muss man zuhören, zuhören, zuhören.“

Sieben Jahre hat Neuenfels kein Sprechtheater gemacht, was der auch polarisierende Künstler bedauert. „Früher waren Oper und Theater mehr im Gleichgewicht. Zuletzt hat Musiktheater überwogen. Wenn ich die Chance habe, gewisse Opern zu machen, greife ich zu.“

„Gewisse Opern“ – damit meint Neuenfels etwa Wagners „Lohengrin“ in Bayreuth, mit den Ratten im Versuchslabor und den entsprechend heftigen Publikumsreaktionen. „Der ,Lohengrin‘ läuft wie die Ratten“, freut er sich. Warum es dennoch keine weiteren Projekte für Bayreuth gibt? „Das liegt an den zwei anstrengenden Schwestern mit ihrem Solitäranspruch. Am ,Grünen Hügel‘ darf jeder nur ein Mal ran.“

Puccini und Pause

Für andere Häuser gilt das aber nicht. 2015 wird Neuenfels an der Berliner Staatsoper Unter den Linden „Ariadne auf Naxos“ von Strauss realisieren; an der Bayerischen Staatsoper in München kommt Puccinis „Manon Lescaut“.

„Mit Jonas Kaufmann und mit Anna Netrebko – das ist der Olymp.“

Danach gönnt sich Neuenfels eine Pause. Auch, um sich anderen Tätigkeiten zu widmen. Für Zürich hatte er 2013 das Wagner-Projekt „Wagner – wie ich Welt wurde“ kreiert; mit dem (lesenswerten) „Bastardbuch“ ist er auch wieder als Autor in Erscheinung getreten. „Schreiben kostet Zeit, aber ich will das Schreiben nicht missen.“

Was Neuenfels als Regisseur vermisst? „Ich würde gern einmal ,Tristan‘ machen. Und Schönbergs ,Moses und Aron‘. Im Sprechtheater habe ich zu wenig Shakespeare inszeniert. Aber wir werden sehen, was kommt.“

Und wie sieht Neuenfels die viel beschworene Theaterkrise?

„Eine visionslose Politik verfolgt einen angeblich elitären Kreis, die Theatermacher, fast mit Aggressivität. Angela Merkel etwa darf vielleicht noch ein Mal pro Jahr nach Bayreuth fahren, was sie ja auch tut. Aber wird sie dafür gelobt? Nein, das geht gerade so durch.“

Biografie

Hans Neuenfels (Jahrgang 1941) ist Schriftsteller, Filmemacher, Opern- und Theaterregisseur. Er studierte in Wien, war Assistent von Max Ernst, Intendant der Berliner Volksbühne und ist mit Elisabeth Trissenaar verheiratet.

Skandale

Viele seiner Inszenierungen provozierten, etwa „Idomeneo“ in Berlin, „Nabucco“ in Berlin, „Le Prophéte“ in Wien, „Fledermaus“ bei den Salzburger Festspielen.

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