Hannelore Veit: "Wir wollen raus aus Washington"

ORF-Korrespondentin Hannelore Veit
Hannelore Veit, Leiterin des ORF-Büros in Washington, über den US-Wahlkampf und seine Folgen.

Das Gespräch wurde am Rande der ORF-Korrespondententagung, die letzte Woche in Wien stattfand, geführt.

KURIER: Wie war es für Sie als österreichische Journalistin, über den US-Wahlkampf zu berichten?

Hannelore Veit: Wir zählen dort nicht, weil wir keine einzige Wählerstimme bringen – und nur darauf kommt es im Wahlkampf an. Zugang zu Kandidaten hatten wir also nicht. Trump hasst sowieso alle Medien, das ist ganz besonders schwierig. Aber wir haben Zugang zu Pressekonferenzen.

Nach der Wahl setzte Selbstgeißelung der Medien ein: Man hätte den Kontakt zur Basis verloren. Stimmen Sie dem zu?

Am nächsten Tag war eine Headline in der Washington Post: "Wir haben nicht hingehört". Schauen Sie sich die Zeitungen in den USA an: Wer liest die schon? Die Washington Post oder die New York Times haben ganz geringe Auflagen im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Wer schaut sich die seriösen Nachrichtensendungen an? Es gibt so wahnsinnig viele Fernsehsender und jeder holt sich heraus, was er will. Eine Konsequenz für das ORF-Büro wird sein, dass wir sehr viel mehr raus wollen aus Washington. Alle Journalisten müssen raus und mehr Kontakt mit den Leuten suchen. Washington ist nicht Amerika, es ist eine Blase.

Hat der Journalismus einen heilenden Schock erlebt?

Ich denke schon. Der Präsident wird nicht in Washington gewählt, sondern dort, wo die Massen sind. In Österreich ist es genau dasselbe: Weg vom Establishment. Die Kandidaten der etablierten Parteien wurden beim Präsidentschaftswahlkampf im ersten Wahlgang abgewählt.

Was erwarten Sie sich von der Ära Trump journalistisch?

Das ist unglaublich spannend für uns. Wir haben den Jackpot geknackt (lacht). Nein. Aber im Ernst: Es wird sehr spannend. Viel spannender, als es mit Hillary Clinton geworden wäre – wie viele in den USA sagen: "Four more years of Obama."

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