Habermas erhält Heine-Preis

Der mit 50.000 Euro dotierte Heine-Preis geht 2012 an Jürgen Habermas. Der Sozialphilosoph gilt als Vordenker der Linken und glühender Europäer

Der Heine-Preis der Stadt Düsseldorf geht in diesem Jahr an den Sozialphilosophen Jürgen Habermas. Die Jury sieht in dem 83-Jährigen "einen der weltweit bedeutendsten Denker der Gegenwart". Er erhalte den mit 50.000 Euro dotierten Preis "für sein Lebenswerk, das durch freiheitliche Ideen der Aufklärung, seinen unermüdlichen Einsatz für ein demokratisch verfasstes Deutschland sowie seine streitbaren Beiträge zu den gesellschaftspolitischen Debatten Europas geprägt" sei.

Die Verleihung soll im Dezember stattfinden. Habermas wird vor allem mit seiner langjährigen Wirkungsstätte Frankfurt assoziiert, aber geboren wurde er - wie Heinrich Heine (1797-1856) - in Düsseldorf. Habermas steht in der Nachfolge der "Frankfurter Schule" von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno. Er gilt als Vordenker der Linken, stand der Studentenbewegung aber kritisch gegenüber. Als Habermas` Hauptwerk gilt die 1981 erschienene "Theorie des kommunikativen Handelns".

Habermas beteiligte sich an nahezu allen großen gesellschaftspolitischen Debatten seit den 1960er Jahren, so am Historikerstreit, an der Diskussion um die Wiedervereinigung oder an der Auseinandersetzung um den Irak-Krieg. Zuletzt plädierte er mit dem Essay "Zur Verfassung Europas" mit Nachdruck für die Fortführung des europäischen Einigungsprozesses, den er als Wegbereiter eines von ihm erhofften Weltbürgertums sieht. Für den Grünen Joschka Fischer ist er mittlerweile "fast ein Staatsphilosoph".

Der Heine-Preis, einer der bedeutendsten deutschen Literaturpreise, wird alle zwei Jahre verliehen. 2010 hatte die französische Politikerin und Publizistin Simone Veil, die als Jugendliche die Vernichtungslager Auschwitz und Bergen-Belsen überlebt hatte, den Preis bekommen. Zu den bisherigen Preisträgern gehören auch Carl Zuckmayer, Walter Jens, Marion Gräfin Dönhoff, Max Frisch, Richard von Weizsäcker und Amos Oz.

Schon mehrmals hatten die Entscheidungen der Jury heftige Auseinandersetzungen ausgelöst. So gab es 2006 einen Eklat um die Zuerkennung an den österreichischen Schriftsteller Peter Handke wegen dessen Pro-Serbien-Haltung im Jugoslawien-Krieg. Handke verzichtete schließlich auf den Preis. Auch heuer hatte es im Vorfeld Streit um einen österreichischen Künstler gegeben: Der Düsseldorfer Stadtrat hatte durch eine Satzungsänderung eine geplante Nominierung des exzentrischen Schauspielers und Regisseurs Peter Kern als Jury-Mitglied verhindert. Kern forderte im Anschluss, den Preis dem Einfluss der Politik zu entziehen.

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