Grafenegg: Lauter Kraftakt für den Frieden

Grafenegg: Lauter Kraftakt für den Frieden
Das fünfte Musikfestival Grafenegg wurde mit Werken von HK Gruber und Beethoven eröffnet - wegen einer Unwetterwarnung leider im Auditorium.

Wolkenbruch statt Wolkenturm - auf diesen Nenner lässt sich die Eröffnung des Musik-Festivals Grafenegg bringen. Denn der Wettergott meinte es mit dem von Starpianist Rudolf Buchbinder geleiteten Festival nicht gut. Wegen einer Unwetter-Warnung musste das Eröffnungskonzert vom Open-Air-Wolkenturm in das akustisch ausgezeichnete und überdachte Auditorium verlegt werden.

Egal, das Publikum jubelte dennoch. Auch wenn die Wolkenturm-Nachwehen im Konzertsaal sehr deutlich zu hören waren. Denn Dirigent Andrés Orozco-Estrada hatte seine Interpretation von Ludwig van Beethovens neunter Symphonie klar für eine Open-Air-Aufführung konzipiert und trieb das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich zu expliziten Kraftakten.

Stimmig

Aber: Andrés Orozco-Estradas Lesart von Beethovens Neunter ist in sich extrem stimmig; dieser Dirigent drückt dem Tonkünstler-Orchester Niederösterreich seinen persönlichen Stempel auf. Da dürfen die Streicher oft glanzvoll auftrumpfen, da sorgen auch die Bläser für entsprechende Akzente. Orozco-Estrada nimmt "seinen" Beethoven beim Wort - er zelebriert nicht, er marschiert durch alle Höhen und Tiefen dieser Symphonie. Selten hat man den dritten, langsamen Satz so flott und dennoch austariert gehört, selten hat ein Maestro das Molto Vivace des zweiten Satzes so fein aufgegliedert. Spannend.

Hymnisch

Und im Finale setzt der junge Kolumbianer auf das, was Beethoven wollte: Auf eine hymnische, emphatische und lautstarke Beschwörung der "Freude schöner Götterfunken".

Auch dank des exzellenten Philharmonia Chors Wien (Einstudierung: Walter Zeh) sowie der tadellosen Solisten Measha Brueggergosman (Sopran), Janina Baechle (Mezzo), Michael Schade (Tenor) und des brillanten Hanno Müller-Brachmann (Bass).

Zuvor aber war Marschmusik angesagt. Oder besser formuliert: Eine Anti-Marschmusik. Denn mit "Demilitarized Zones" hat HK Gruber - er ist der diesjährige Composer in Residence - 1979 ein kurzes, pazifistisches Werk geschaffen, das gut zu Beethovens Neunter passt. Gruber persifliert militärisches Gehabe und konnte sich bei der Umsetzung auf die Tonkünstler Brass verlassen. Ein tönender Aufruf zur Humanität, der heute aktueller ist denn je.

KURIER-Wertung: **** von *****

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