Grafenegg: Brillante Tonkünstler mit Berlioz

Grafenegg: Brillante Tonkünstler mit Berlioz
Kritik: Das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich brillierte mit Berlioz in Grafenegg - mit Schauspieler Robert Stadlober als Sprecher.

So soll ein Musik-Festival erster Klasse sein: Musik bis zum Abwinken, dargeboten auf höchstem Niveau, von grandiosen Interpreten und klug zusammengestellt. So geschehen beim Musik-Festival Grafenegg, das am Wochenende das Werk von Hector Berlioz zum Thema hatte.

Zwar verhinderte ein Unwetter eine Aufführung am Wolkenturm, doch auch in der Reitschule und im Auditorium konnte Berlioz seine ganze Wirkung entfalten. Der hinreißende Adrian Eröd und Pianist Justus Zeyen gestalteten als "Prélude" die Nuits d' été", zu ganz später Stunde gab es von Bariton Eröd, Tenor Michael Schade, Pianist Zeyen und Sprecher Robert Stadlober noch Werke von Franz Liszt, Maurice Ravel sowie Camille Saint-Saëns.

Keine billige Schlachtplatte

Dazwischen jedoch schlug die Stunde des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich unter der Leitung von Andrés Orozco-Estrada, die Berlioz' "Symphonie fantastique" in vollendeter Form realisierten. Denn: Orozco-Estrada ist kein Kraftmeier, er malt bei diesem melodisch ausufernden, höchst effektvollen Werk auch mit zarten Pastelltönen, gerät nie in Gefahr, Berlioz auf eine billige Schlachtplatte zu reduzieren.

Und das Orchester spielt auf einem selten gehörten, in manchen Passagen atemberaubenden Niveau. Orozco-Estrada und die Tonkünstler - diese Kombination funktioniert mehr als gut, sie funktioniert sensationell.
Auch bei einem Stück, das mehr als heikel ist. Bei der Fortsetzung der "Symphonie fantastique", bei Lélio ou Le retour à la vie". Ein Monodrama mit sehr viel Text (Robert Stadlober hatte hier als Berlioz-Verschnitt trotz Mikro seine Mühen) und exzellenter, ja exquisiter Musik.

Ausgezeichnet dabei der Tschechische Philharmonische Chor Brünn (Einstudierung: Petr Fiala), der gewohnt exzellente Eröd (mit einem viel zu kurzen Solo!) sowie der Tenor
Michael Schade. Das Ereignis waren aber auch hier die Tonkünstler und Dirigent Orozco-Estrada, die allen Shakespeare- und Goethe-Einschüben zum Trotz "ihren" Berlioz fast vollendet zum Klingen brachten.
Das Musik-Festival Grafenegg ist ein Genuss für alle Sinne und auch noch lehrreich. Kompliment.

KURIER-Wertung: ****
* von *****

Kommentare