"Grace Jones: Bloodlight and Bami": Unter der Dusche mit Grace Jones

Grace Jones - außerirdisch auf der Bühne
Porträt von Grace Jones mit tollen Live-Auftritten.

"Slave to the Rhythm" und legendäre Disko-Ikone, ist 69 Jahre alt. Allein diese Information scheint unfassbar, denn keine Sekunde will man ihr die Jahreszahl abnehmen. Unter der Dusche klopft sich die Vorreiterin für Queer- und Transgender-Ästhetik auf den muskulösen Hintern und murmelt, dass sie mehr Sport machen müsste. Nein, müsste sie nicht. Gepresst in ein schwarzes Mieder, marschiert Grace Jones langbeinig über die Bühnen dieser Welt. Mit mächtiger Stimme und bizarren (Hut-)Outfits ("Ich fühle mich wie eine Puff-Mutter") liefert sie bis heute unwiderstehliche Auftritte, für die sich ihre Fans stundenlang anstellen.

Sophie Fiennes, britische Dokumentarfilmemacherin und Schwester von Ralph, hat die Jamaikanerin über zwölf Jahre hinweg mit ihrer Kamera besucht. Fiennes lässt Archivmaterial und Interviewpassagen beiseite und verlegt sich auf reine Beobachtungen. Grace, wie sie Austern schlürft und Champagner süffelt, Grace wie sie am Telefon mit Produzenten herum brüllt, Grace, wie sie während einer Jamaika-Reise ihre Familie besucht. Was auf den ersten Blick als gut gelauntes Porträt daherkommt, legt dunklere Schichten frei, ohne ins Psychologische zu kippen. Die Fratze des prügelnden Stiefvaters, der die Familie das Fürchten lehrte, schimmert in den Gesprächen ("Ich hatte so viel Hass in mir.") zunehmend durch. Kein "La Vie en Rose", nein, aber spätestens auf der Bühne – "Keep it up!"– souverän, stimmgewaltig, außerirdisch.

INFO: IRL/UK 2017. 115 Min. Von Sophie Fiennes. Mit Grace Jones, Sly & Roby.

KURIER-Wertung:

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