Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Die 67. Filmfestspiele von Cannes gingen mit der zweiten Goldenen Palme für einen türkischen Film zu Ende.

Die Goldene Palme des Filmfestivals Cannes geht in diesem Jahr an den türkischen Film "Winter Sleep" von Nuri Bilge Ceylan. Die Jury unter Jane Campion hatte sich für sein suggestives, politisches Psychodrama entschieden, das von einem despotischen Hotelbesitzer in einem anatolischen Dorf handelt. Dabei sezierte der 55-jährige Regisseur in über drei Stunden die Lethargie der türkischen Intellektuellen.

"Ich widme diesen Preis allen jungen Türken, die in den letzten Jahren ihr Leben verloren haben in der Türkei.“ Mit diesen Worten bedankte sich Ceylan bei der Verleihung. Davor hatte er noch gesagt: „Dass niemand über die dreistündige Länge des Films gesprochen hat, ist ein gutes Zeichen“.

Es ist die zweite Palme für einen Film aus der Türkei. 1982 hatte das Drama "Yol - Der Weg" von Serif Gören und Yilmaz Güney den begehrten Hauptpreis des Festivals gewonnen.

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"
Actress Uma Thurman (L) and actor Timothy Spall, Best Actor award winner for his role in the film "Mr. Turner", pose on stage during the closing ceremony of the 67th Cannes Film Festival in Cannes May 24, 2014. REUTERS/Eric Gaillard (FRANCE - Tags: ENTERTAINMENT)
Der zweitwichtigste Preis, der Grand Prix der Jury, ging an die italienische Regisseurin Alice Rohrwacher, 32, für „Le Meraviglie“, ihren erst zweiten Film. Zur besten Schauspielerin wurde Julianne Moore gekürt: für ihre umwerfende Darstellung eines alternden Filmstars in David Cronenbergs „Maps to the Stars“. Als bester Schauspieler wurde der Brite Timothy Spall für seinen grantigen Maler William Turner im Biopic "Mr. Turner" von Mike Leigh ausgezeichnet.

Preise für jüngsten und ältesten Regisseur

Den Preis der Jury teilten sich der kanadische Regisseur Xavier Dolan (für "Mommy"), der mit 25 Jahren jüngste Teilnehmer und Nesthäkchen des Wettbewerbs, und Jean-Luc Godard, mit 83 der älteste, für seinen großartigen 3-D-Film "Adieu a langage". Dolan war zuvor zu den Favoriten für die Goldene Palme gezählt worden.

Die Auszeichnung für die beste Regie ging an den US-Amerikaner Bennett Miller für "Foxcatcher". Der Preis für das beste Drehbuch an Andrej Swjaginzew und Oleg Negin für den russischen Beitrag "Leviathan".

Jessica Hausner ging leer aus

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"
epa04221457 Hungarian director Kornel Mundruczo delivers a speech after receiving the top prize for his movie 'Feher Isten' (White God) during the Un Certain Regard Closing Award Ceremony during the 67th annual Cannes Film Festival, in Cannes, France, 23 May 2014. The festival runs from 14 to 25 May. EPA/JULIEN WARNAND
Bereits am Freitagabend waren in Cannes die ersten Preise vergeben worden. Die österreichische Regisseurin Jessica Hausner ist mit ihrem Film"Amour Fou"bei der Preisverleihung in der Nebenschiene "Un certain regard" leer ausgegangen. Die Auszeichnung ging an den Ungar Kornel Mundruczo für sein futuristisches Werk "White God" über umherstreunende Hunde, die gegen die Menschen rebellieren.

Der Preis der Jury in der renommierten Sektion "Un certain regard" ging an den schwedischen Filmemacher Ruben Östlund für seine bissige Komödie "Turist" über eine Familie, die vom Vater nach einem Lawinenabgang sich selbst überlassen wird. Für die Dokumentation "The Salt of the Earth" über den brasilianischen Fotografen Sebastiao Salgado, den Wim Wenders mit Salgados Sohn Juliano gedreht hat, gab es den Spezialpreis.

Das Internationale Festival von Cannes gilt als das wichtigste Filmfestival der Welt. Es fand in diesem Jahr zum 67. Mal statt. Im diesjährigen Wettbewerb hatten 18 Filme um die Preise konkurriert. 2013 hatte das französische Drama "Blau ist eine warme Farbe" des Regisseurs Abdellatif Kechiche die Goldene Palme gewonnen. 2012 ging die Auszeichnung an das Drama "Liebe" des Österreichers Michael Haneke

Die Wettbewerbsfilme von Cannes

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Goldene Palme für türkisches Drama "Winter Sleep"

Der beste Furz des Festivals wurde zweifellos bei Jean-Luc Godard gelassen. In seinem ersten 3-D-Film "Adieu au language" zeigt der 86-jährige mit spielerischem Genie, was 3-D alles kann und wir noch nie gesehen haben. Godard legt 3-D-Bilder übereinander, überblendet so oft und so lange, bis man nicht mehr hinschauen kann. Wie immer in seinen Filmen wird philosophiert und assoziiert, wie immer versteht man nicht alles. Godard treibt Schabernack. Einmal führen ein nackter Mann und eine nackte Frau folgenden Dialog am Klo. Sie: "Immer, wenn ich über Gleichheit reden möchte, redet du über einen Furz". Er: "Im Furz sind wir doch alle gleich". Neben Fürzen oder Texten von Marcel Proust kommt auch Godards Hund gern ins Bild. Doch die Form siegt über den Inhalt, in diesem Fall gut so: der älteste Regisseur präsentierte den jüngsten und innovativsten Film des Wettbewerbs.

Das beste Mordwerkzeug führte David Cronenberg in "Maps to the Stars" vor: nämlich eine Filmpreis-Statue, mit der jemandem brutal der Schädel eingeschlagen wird. Es ist eine Trophäe, die Cronenberg tatsächlich einmal in Kanada gewonnen hat. Cronenberg: "Mia Wasikowska hat so fest zugeschlagen, dass er jetzt eine Delle hat".

Der beste TV-Film des Festivals war Mathieu Amalrics Simenon-Adaption "Die blaue Kammer" mit ihm selbst in der Hauptrolle (und oft auch nackt). Als Fernsehfilm finanziert, gelang ihm überraschenderweise die Aufnahme ins offizielle Programm. Und das zu Recht. Amalric brilliert damit auch im Kino – einer der besten Filme von Cannes: dicht und schlicht.

Die beste Schauspielerin ist schwer zu küren. Es waren derer drei: Marion Cotillard umwerfend uneitel in "Zwei Tage, eine Nacht". Juliette Binoche grandios betrunken in einem Bergman-Remake von Olivier Assayas. Und Julianne Moore. Sie glänzt als alternde Hollywood-Diva, die ihre Assistentin auch noch zu sich ins Klo zitiert, um ihr Anweisungen zu geben.

Das beste Grunzen kam vom besten Schauspieler der Filmfestspiele: Timothy Spall spielt den britischen Maler William Turner als Grantscherben, der sich durch Mike Leighs Biopic "Mr. Turner" knurrt und grunzt.

Bester Dialogsatz: "Du hast mit so vielen anderen Männern geschlafen, sogar mit Frauen und dann auch noch mit Zwergen!", brüllt der Ehemann die Ehefrau an. In Asia Argentos Film über ihr eigenes Aufwachsen mit berühmten Eltern.

Beste Nackte teilen sich Juliette Binoche (ganz nackt) und Kristen Stewart (halbnackt), die in Olivier Assayas "Sils Maria" ungeschönt und damit wunderschön in einen Bergsee springen.

Der beste Hund sind viele Hunde, die in "White Gods" durch durch die Stadt jagen. Der Ungar Kornél Mundruczó, auch als Theaterregisseur von den Wiener Festwochen bekannt, bekam dafür den Hauptpreis der Nebenschiene "Un certain regard". Auch Österreichs Jessica Hausner war in dieser Sektion mit ihrem Kleist-Film "Amour Fou" ins Rennen gegangen. Ebenfalls mit Hunden, die sich bei ihr lustig durch ihre filmischen Stilleben aus Vorhang, Menschen und Luster wedeln.

Die beste Lawine donnerte in der schwedischen Kleinfamilien-Satire "Turist" über die Leinwand und verstörte und zerstörte eine Ehe. Einer der Publikumshits von Cannes mit großartig-gruseligen Bildern des Alpintourismus.

Die beste Enttäuschung war Ryan Goslings Regiedebüt "Lost River": Verloren in dem wahllos wirren Bildermix, der sich als Avantgarde ausgab: Christina Hendricks ("Mad Men").

Die beste Österreicherin ist Filmemacherin Jessica Hausner, die es heuer als einzige geschafft hatte, ins offizielle Programm zu kommen.

(Mitarbeit: Severin Fiala)

- GOLDENE PALME: "Winter Sleep" von Nuri Bilge Ceylan (Türkei)

- GROSSER PREIS DER JURY: "Le meraviglie" von Alice Rohrwacher (Italien)

- PREIS DER JURY: zu gleichen Teilen an "Mommy" von Xavier Dolan (Kanada) und "Adieu au langage" von Jean-Luc Godard (Frankreich)

- BESTE SCHAUSPIELERIN: Julianne Moore in "Maps to the Stars" von David Cronenberg (Kanada)

- BESTER SCHAUSPIELER: Timothy Spall für "Mr. Turner" von Mike Leigh (Großbritannien)

- BESTE REGIE: Bennett Miller für "Foxcatcher" (USA)

- BESTES DREHBUCH: Andrej Swjaginzew und Oleg Negin für "Leviathan" (Russland)

- GOLDENE PALME für den besten KURZFILM: "Leidi" von Simon Mesa Soto (Kolumbien)

Nuri Bilge Ceylan gilt als einer der renommiertesten Vertreter des Autorenkinos. In seinen Filmen gibt es meist wenig Dialog und lange Bildeinstellungen. 1959 in Istanbul geboren, wurde Ceylan ab den 90er Jahren international als Regisseur bekannt. Er gewann zahlreiche Preise, viele wichtige beim Festival von Cannes.

Für das Drama "Uzak" um einen mit seinem Lebensentwurf hadernden Mann erhielt Ceylan 2003 in Cannes den Großen Preis der Jury, für das Familiendrama "Drei Affen" gab es 2008 die Auszeichnung als bester Regisseur. 2011 war er mit dem Gangster-Krimi "Once Upon a Time in Anatolia" im Cannes-Wettbewerb und wurde erneut mit dem Großen Preis der Jury geehrt. 2014 schaffte er nun endlich den Hauptpreis Goldene Palme mit seiner Intellektuellen-Abrechnung "Winter Sleep".

Der Filmemacher, Drehbuchautor und Produzent ist mit Ebru Ceylan verheiratet, die auch als Schauspielerin und Autorin arbeitet.

Kommentare