Wenn Kleinkunst zu Großartigem wird
Er gab dem Flamingo seine Stimme, der in der Billa-Werbung seine „Geeerti“ sucht. Und ist jetzt auf dem Sprung in die Oberliga der Austro-Kabarettisten.
Gery Seidl macht bei seinem 5. Solo „Bitte. Danke“ (Premiere war Mittwoch im Orpheum), was er am besten kann: Sich einfach auf die Bühne stellen und erzählen. Als lehnte er mit Freunden an der Bar seines Stammbeisels.
Denn „hin- und hergerissen zwischen Luxusproblemen und täglich angekündigter Apokalypse rudern wir durch unsere Welt und sagen freundlich: Bitte. Danke.“
So philosophiert der große Blonde über die elementaren Fragen der Menschheit: Wie wurscht muss einem was sein, damit es einem wirklich sowas von wurscht ist?
Er erklärt die Quantenphysik, plaudert über einen Hund im Teilchenbeschleuniger und renitente Ober mit dem Überschmäh, über seine Aufriss- und Umzugserfahrungen und die Absonderlichkeiten der Lost-in-Facebook-Generation. Kurzum: über die Merkwürdigkeiten im ganz normalen Leben.
Er macht seinem Ärger Luft über die Rolltreppen-Linkssteher, die Autobahn-Linksspur-Kriecher und die mit dem Einkaufswagerl bewaffneten Blockierer im Supermarkt.
Und er kennt sich aus mit Nullenergiehäusern, „die intelligenter sind als die Leute, die drin wohnen“.
Hohe Lacherdichte
Die körpersprachlich exzessive Vorführung seiner Abenteuer beim Waldviertler „Granitbeisser“ Mountainbike-Marathon ist zum Zerkugeln. Aber wehe, wenn der „Herr Seidl“ im Seidl anschlägt und „Dummheit wittert“. Dann redet sich der 38-Jährige ungebremst in Rage.
Dann kann er aus der Haut fahren. Fragt sich: „Warum ist mir das nicht wurscht?“ Wo „doch in Wien allen alles noch ein bisserl mehr wurscht ist“ als anderswo. Während er mitunter stante pede seinem Gegenüber antun möchte, was ihm seine innere Stimme einflüstert: „Bring eam um, bevor er sich fortpflanzt!“
Mit der Konsequenz, sobald er sein Alter Ego wieder im Griff hat: „Is’ eh wurscht!“ Andere fälbeln vor sich hin und wollen krampfhaft lustig sein. Nicht so Gery Seidl: Er ist es. Weil er’s kann. Punkt.
KURIER-Wertung:
INFO: Nächste Vorstellungen in Wien: 13. 3. und 3. 4. Orpheum, 01/481 17 17, www.orpheum.at; 2., 9., und 16. 2. Kulisse, 01/ 485 38 70; www.kulisse.at www.geryseidl.at
Kommentare