Essl-Verkauf: "Deutlich über 100 Millionen" für Banken

Mäzen Hans Peter Haselsteiner sprang der Sammlung Essl bei.
Auktion von 44 Werken am 13. Oktober soll 50 Millionen Euro bringen

Die Sammlung Essl ist gerettet. Wie der KURIER erfuhr, ist Bautycoon Hans Peter Haselsteiner zur Rettung eingesprungen. Abgewickelt wurde der Deal über die jüngst gegründete "SE-Sammlung Essl GmbH", in die die Haselsteiner-Privatstiftung über eine weitere Firma zu 60 Prozent einstieg. Die Sammlung Essl GmbH hat die Werke der Essl-Stiftung abgekauft.

100 Millionen

Den 42 Gläubigerbanken der angeschlagenen bauMax-Kette Essls fließen aus dem Deal "deutlich über 100 Millionen Euro" zu, sagte Anwalt Thomas Angermair zum KURIER. Mit diesem Preis seien "die Kapitalausstattungswünsche der Banken voll erfüllt", man sei "absolut in Plan". Das Geld komme "zur Gänze den Gläubigern zu".

Essl-Verkauf: "Deutlich über 100 Millionen" für Banken
Thomas Angermair, Anwalt
Und es könnte noch mehr werden: Am 13. Oktober werden 44 Werke der Sammlung - darunter zwei österreichische - bei Christie's versteigert. Der Wert dieser Werke bewegt sich im Bereich 50 Millionen Euro. Die internationalen Werke, die zur Auktion kommen, sind die "Masterpieces" der Sammlung und stammen u.a. von Richter, Baselitz, Kippenberger, Oehlen und Polke, Bei den beiden österreichischen Werken handelt es sich um je eine Arbeit von Hundertwasser und von Maria Lassnig.

Nachbesserung

Die Versteigerung dient der Refinanzierung des Ankaufes. Sollte die Auktion aber ein unerwartet gutes Ergebnis erzielen, dann ist eine Nachbesserung beim Kaufpreis möglich, sprich: an die Banken könnte mehr Geld fließen.

Der Kaufpreis von mehr als 100 Millionen Euro ist jedenfalls in der Nacht auf Dienstag bereits geflossen, sagte Angermair, der "zehn Tage und Nächte durchgehend an der Vereinbarung gearbeitet" hat. Es sei "das Unmögliche möglich gemacht worden", so Angermair (Kanzlei Dorda Brugger Jordis), der auch den Einsatz seines Kollegen Felix Hörlsberger hervorstrich. Die Kanzlei trat als Berater sowohl von Essl als auch von Haselsteiner auf.

Lebende österreichische Künstler sind bei der Christie's-Auktion keine betroffen, so Angermair. Die Sammlung Essl bleibt in diesem Bereich "erhalten". Ebenso sei es "Ziel", das Museum Essl in Klosterneuburg zu erhalten. "Eventuelle weitere gezielte Verkäufe dienen neben der Rekapitalisierung ausschließlich dem Erhalt und Betrieb des Essl Museums", hieß es in einer Aussendung des Museums. Die künstlerische Leitung bleibt in den Händen des Sammlerehepaares Agnes und Karlheinz Essl.

Knapp

Der Zeitplan für die Verwirklichung des Kaufs war "sehr herausfordernd", sagte Angermair. Am Donnerstag wurden allen Geldgebern (die Banken wurden von der Kanzlei Schönherr "hart und fair" vertreten) gemeinsam die Vorhaben präsentiert, am Montag "war dann die letzte Zustimmung da", so Angermair. In der Nacht auf Dienstag wurde der Vertrag mit Christie's unterfertigt - das war "das äußerste Limit", damit die Auktion stattfinden kann.

Haselsteiners Büro bestätigte dem KURIER sein Engagement am Dienstagvormittag per Mail. Der Bautycoon selbst nahm zu Details nicht Stellung. 40 Prozent an der SE-Sammlung Essl GmbH halten zwei Essl-Familienstiftungen.

Vorgeschichte

Seit der Bund Anfang April das Angebot ausschlug, Essls rund 4900 Werke umfassende Kunstsammlung anzukaufen, war die Sammlerfamilie auf der Suche nach einem "Plan B". Essl war damals mit dem Vorschlag an die Öffentlichkeit getreten, dass die Republik die Sammlung kaufen sollte und er den Erlös in die Rettung der baumax-Kette einfließen lassen wollte. Damals kursierte ein Buchwert der Sammlung von 86 Millionen Euro.

Nach überaus aufgeregter öffentlicher Diskussion wurde das Vorhaben ad acta gelegt.

"Wir freuen uns sehr, dass die Sammlung erhalten bleibt", heißt es nun aus dem Kulturministerium.

In den damaligen Gesprächen beharrte Essl darauf, dass der österreichische und (wertvolle) internationale Teil der Sammlung zusammenbleiben sollten: "Die österreichische und die internationale Kunst muss zusammen sein, weil österreichische Kunst dadurch eine andere Bedeutung hat."

Schon am Donnerstag findet in Klosterneuburg die nächste Ausstellungseröffnung statt. Sie ist in Kooperation mit dem Forum Frohner Krems dem 2007 verstorbenen Künstler Adolf Frohner gewidmet.

Die Preziosen der Sammlung Essl

Jetzt springt also ein Privatmann ein, um eine Sammlung zeitgenössischer Kunst zu retten: Hans Peter Haselsteiner kauft 60 Prozent der Sammlung Essl, 40 Prozent bleiben bei der Familie Essl. Dem Vernehmen nach sollen besonders wertvolle Stücke aus der Sammlung versteigert werden, um baumax zu helfen.

Sie erinnern sich: Im Frühling wogte der Volkszorn hoch bei dem Gedanken, dass die Republik Österreich die Sammlung Essl kaufen könnte. Eigentümer Karlheinz Essl ging mit einem dahingehenden Vorschlag an die Öffentlichkeit. Mit dem Verkauf sollte die Sanierung seines angeschlagenen baumax-Konzerns unterstützt werden.

Die negativen Reaktionen waren immens und zahlreich; auch die Museumsdirektoren, viele Kulturjournalisten und Politiker winkten rasch ab.

Jetzt bleibt die Frage: Warum macht Haselsteiner das? Warum ist es für einen Privatmann eine gute Idee, vielleicht sogar ein gutes Geschäft, was für die Republik undenkbar war?

Die Fragen werden sich im Laufe des Tages wohl beantworten. Schon vorweg: Es ist eine Binsenweisheit, die leider im Zorn übersehen wurde, dass in Kunst investiertes Geld derzeit gut investiertes Geld ist.

Aber eine Frage dürfte bleiben: Nämlich die, ob sich die Republik nicht am Ende ärgern sollte, dass man sich hier nicht nur eine kulturpolitische Chance entgehen ließ - nämlich in den Besitz von österreichischen Werken zu kommen, die in keiner staatlichen Sammlung zu finden sind.

Und die Frage, ob man nicht auch ein gutes Geschäft versäumt hat.

Die Sammlung Essl in Klosterneuburg zählt zu den größten und bedeutendsten privaten Sammlungen für zeitgenössische Kunst in Europa. Praktisch alle wesentlichen Kunstströmungen Österreichs sind mit Schlüsselarbeiten seit 1945 vertreten, aber auch internationale Pendants.

In den 1970er-Jahren beginnen Agnes und Karlheinz Essl, die einander in Amerika kennengelernt hatten, zeitgenössische Kunst zu sammeln. Werke von Friedensreich Hundertwasser und Kurt Moldovan markieren den Beginn. In den 1980er-Jahren wächst die Privatsammlung zur bedeutendsten Sammlung österreichischer Nachkriegskunst, den Kern bildet österreichische Kunst ab 1945 mit Werken u.a. von Maria Lassnig, VALIE EXPORT, Arnulf Rainer, Max Weiler, Markus Prachensky, Künstlern des Wiener Aktionismus wie Hermann Nitsch und Günter Brus, Malerei der 1980er-Jahre bis zur jüngeren Generationen wie Elke Krystufek und Clemens Wolf.

Museum

Die Ausstellungen der Sammlung finden sowohl im Essl Museum (Eröffnung 1999) als auch im Schömer-Haus, der Firmenzentrale von bauMax (Eröffnung 1987) in Klosterneuburg statt. Beide Häuser wurden vom österreichischen Architekten Heinz Tesar geplant. Seit Beginn der 1990er-Jahre wird auch verstärkt international gesammelt. Die Sammlung umfasst weiters Positionen zeitgenössischer Kunst aus Europa, den USA, Australien und Asien. Das zur Gänze privat finanzierte Museum versteht sich auch als Experimentierfeld für junge Kunst. Im Wechsel werden einmal jährlich „emerging artists“, junge, am Markt noch nicht etablierte Kunst, und die Preisträger des „Essl Art Awards CEE“ präsentiert.

Über Besucherzahlen und finanzielle Details hielt sich das Sammlerpaar stets bedeckt.

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