Ein Großkünstler übt Selbstkritik

epa03090143 German painter Georg Baselitz stands next to his work 'Grosse Nacht im Eimer (Lit: The Big Night Down The Drain)(1962-1963)' during a press conference at Villa Schoeningen in Potsdam, Germany, 03 February 2012. Some works of the private collection of Baselitz are presented at the exhibition 'Georg Baselitz - Berlin Years' until 01 August 2012. EPA/BERND SETTNIK
Der deutsche Maler wird zum 75. Geburtstag mit einer Schau im Essl Museum geehrt.

Ich habe Angst vor solchen Ausstellungen“, sagte ein schelmischer Georg Baselitz am Donnerstag. Der deutsche Malerstar saß da in jener Schau, die ihm das Klosterneuburger Essl Museum aus Anlass seines 75. Geburtstags ausgerichtet hat: 44 Bilder aus der hauseigenen Sammlung, deren Entstehungszeitraum 44 Jahre umfasst, sind zu sehen.

„Herr Essl will zeigen, wofür er Geld bezahlt hat – und ich kann nicht sagen: He, ich habe mich geirrt“, scherzte Baselitz dazu. „In einer Galerieausstellung mit lauter neuen Bildern muss man sich ja nie für das verantworten, was man früher gemacht hat.“

Doch ein 75. Geburtstag ist nun mal die Zeit der Rückschau, und Sammler Karlheinz Essl blickt dabei wohl auch auf seine eigene Entwicklung: Als sich der Baumax-Gründer und seine Frau Ende der 1980er entschlossen, nicht mehr nur österreichische Kunst zu sammeln, gehörte Baselitz zu den ersten Leitfiguren.

Bilder der Ausstellung

Ein Großkünstler übt Selbstkritik

Georg Baselitz
Ein Großkünstler übt Selbstkritik

Georg Baselitz
Ein Großkünstler übt Selbstkritik

Georg Baselitz
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Georg Baselitz
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Georg Baselitz
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Georg Baselitz
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Georg Baselitz
Ein Großkünstler übt Selbstkritik

Georg Baselitz
Ein Großkünstler übt Selbstkritik

Georg Baselitz
Ein Großkünstler übt Selbstkritik

Georg Baselitz

Beziehungsgeschichte

Folglich bildet die Schau nicht den „ganzen“ Baselitz, ab, wie dies eine typische Retrospektive tun würde, sondern erzählt die Geschichte einer Beziehung: Die frühen Bilder aus 1968 und 1969 – jenem Jahr, in dem der gebürtige Ostdeutsche begann, seine Bildmotive auf den Kopf zu stellen – musste das Sammlerpaar mühsam am Markt suchen: Gehörte Baselitz Ende der 1980er doch schon zu den deutschen „Malerfürsten“, was sein Frühwerk selten und teuer machte.

Später wanderten dann die Großformate aus dem Baselitz’schen Atelier oft taufrisch in die Sammlung Essl: Etwa das fast fünf Meter hohe „Melancholie“ (1998), das 2000 zum Glanzstück der großen Baselitz-Schau – der zweiten Ausstellung im damals neu eröffneten Museum – wurde. Wenn man das Bild heute wieder sieht, wird offensichtlich, dass solche Formate beim Bau der Museumsräume mitgedacht wurden: Baselitz ist buchstäblich Teil des Hauses.

Maler und Sammler

Die Entwicklung Baselitz’ vom unangepassten Rappelkopf zum gern gesammelten Großmaler bietet freilich auch reichlich Angriffsfläche: Ob die Idee der verkehrten Bildmotive es wirklich wert ist, über Jahrzehnte abgearbeitet zu werden, ist ebenso zu hinterfragen wie die Praxis des „Remix“, der Baselitz seit 2005 nachgeht – er malt dabei Motive seiner älteren Bilder mit anderen Mitteln neu.

Die Essl’sche Rück- und Rundschau führt aber doch klar vor Augen, dass man Georg Baselitz mit einer simplen Beurteilung (Frühwerk gut, Spätwerk schlecht) unrecht täte. In jüngerer Zeit scheint Baselitz nämlich nachgerade zum Konzeptkünstler mutiert zu sein: Ob er nun die Devise „alle Farben mit Weiß mischen“ oder „alle Farben mit Schwarz mischen“ ausgibt, ob er die Farben früherer Bilder wie im Fotonegativ umkehrt („Schon wieder eine schlechte Note“, 2012) – es entstehen dabei komplexe, durchaus selbstkritische Bilder, die wenig mit dem großkotzigen Schöpfergott-Getue gemein haben, das man mit den deutschen „Malerfürsten“ gern assoziiert. Karlheinz Essl wiederum kaufte aus Baselitz’ Produktion einfach das, was ihn „vom Stockerl haut “, wie er sagt.

Ob der Künstler nun bei einigen Bildern rückblickend glaubt, sich „geirrt“ zu haben, fällt da kaum mehr ins Gewicht. Im Essl Museum hütete sich Baselitz jedenfalls, eines seiner Werke öffentlich schlecht zu finden. Ein echter Malerfürst weiß schließlich auch, was sich gehört.

Georg Baselitz: Der Name Georg Baselitz wurde am 23. Jänner 1938 als Hans-Georg Bruno Kern in Deutschbaselitz (Sachsen) geboren.

Die Frühzeit: Baselitz wuchs in der DDR auf, war aber stets unangepasst. Widerstand gegen Konventionen prägte auch seine Malerei.

Das Markenzeichen: Ab 1969 entstehen Bilder mit Motiven, die auf dem Kopf stehen.

Der Erfolg: Baselitz ist weltweit in großen Sammlungen vertreten, 2012 wurde er Ritter der Ehrenlegion.

Baselitz in Zahlen: 3,59Millionen € erzielte das Gemälde „Spekulatius“ (1965) 2011 bei Sotheby’s – bisher der

Rekord.

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