Gene Simmons: "Es wird Kiss auch ohne uns geben"

Gene Simmons von Kiss
Bassist Gene Simmons hat eine Castingshow entwickelt, mit der er die Nachfolger suchen will. Trump mag er, Hummer nicht.

"You wanted the best – you got the best!" ("Du wolltest das Beste – du bekommst das Beste!") – diesen Untertitel haben Kiss ihrer Europa-Tour gegeben, mit der sie am 21. Mai in die Wiener Stadthalle kommen. Wie die Band dazu kommt, erklärt Bassist und Zungen-Akrobat Gene Simmons im KURIER-Interview. Aber auch, wie er zu Trump steht, warum ein Businessman Schnitzel kennen muss – und wie er den Namen seiner Band für hunderte Produkte von T-Shirts über Puppen bis Restaurants, Casinos und Emojis vermarktet.

KURIER: Sie sagen, Sie geben mit ihren Konzerten den Fans das Beste. Eine nicht gerade bescheidene Einstellung ...

Gene Simmons: Wir sind seit 43 Jahren auf Tour. Und das ist großartig, denn Musikfans – vor allem die jüngere Generation – sollen sehen, dass es nicht reicht, auf die Bühne zu gehen und vorbereitete Sounds von einer Festplatte abzuspielen. Bei Kiss bekommen sie ehrlichen Rock: zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug und sonst nichts. Keine Samples, keine Einspielungen. Was gut genug für die Beatles und Led Zeppelin war, ist gut genug für uns.

Glauben Sie, dass das eine aussterbende Kunst ist?

Ich fürchte schon. Es ist schwierig, dahin zurückzukehren, weil es so einfach ist, alles vorzubereiten, dann nur auf einen Knopf zu drücken, eingespielten Gesang und damit ein gut klingende Live-Präsentation zu haben. Die Ära von Elvis und den Beatles, wo Live-Musik tatsächlich nur auf auf der Bühne entstand, ist vorbei. Es wird schon immer wieder Leute geben ... Adele singt live, die ist ehrlich. Aber alle anderen Pop-Mädels verwenden Backing-Tracks. Das ist sehr traurig.

Und langweilig?

Das würde ich nicht sagen. Ich bin sicher, dass sie alle Talent haben. Sie haben tolle Outfits und Disco-Buben, die aus dem Stripclub geflohen sind und um sie herumhüpfen – aber es ist halt künstlich und ein Schwindel. Ich finde, sie könnten das zumindest auf das Ticket drucken und dort deklarieren: Die Hälfte der Musik wurde vorher aufgenommen. Bei Lebensmitteln ist auch genau aufgelistet, was drinnen ist.

Sie und Gitarrist Paul Stanley sind das Herz von Kiss ...

Das sehe ich nicht so. Es wird Kiss in Zukunft auch ohne uns geben – vier junge Männer, die weitermachen, wenn wir es nicht mehr tun. Noch sind wir alle gesund, es gibt keine Drogen und keinen Alkohol und wir sind kräftig und tatendurstig. Aber ich sehe Kiss wie ein Fußballteam, bei dem auch die Spieler wechseln. AC/DC hatten zuerst Bon Scott und zum Schluss mit Axl Rose sogar den Sänger einer ganz anderen Band. Ich habe das Konzept für eine Casting-TV-Show entwickelt, um zu sehen, wer singen und Songs schreiben und sie aufnehmen kann, wer physisch fit ist und die nächste Kiss-Generation werden kann. Wie bei Batman – immer dasselbe Outfit, aber neue Abenteuer.

Wie haben Sie die Beziehung zu Stanley so lange so stabil halten können? Im Rockbusiness ist das ziemlich rar ...

Das Allerwichtigste: keine Drogen und kein Alkohol. Das hat Amy Winehouse, Jim Morrison, Jimi Hendrix und Kurt Cobain umgebracht. Als David Bowie starb, war ich sehr traurig. Aber Prince hat sich selbst in diese Lage gebracht.

Aber ich wollte eigentlich wissen, wie Ihre Freundschaft mit Paul so lange halten konnte ...

Genau damit fängt das aber an. Denn wenn du nicht clean bist, kannst du keine funktionierende Beziehung haben, dann sprichst du mit Jekyll und Hyde. Aber außerdem haben Paul und ich auch die selbe hohe Arbeitsmoral. Und wir sind uns einig, dass die Fans das Wichtigste sind. In allem anderen gehen wir aber absolut nicht konform. Paul mag zum Beispiel alles, was wie Küchenschaben aussieht und am Meeresboden herumkriecht. Er liebt Krabben und Hummer, die ich so widerlich finde, dass ich sie nicht einmal anschauen kann.

Sie haben angekündigt, mit Ihrer Restaurantkette "Rock & Brews" nun auch ins Casino-Business einzusteigen. Was treibt Sie an, die Vermarktung des Kiss-Namens derart auf immer neue Gebiete auszudehnen?

Es ist der Stolz, es zu können. Als ich jung war, wollte ich wegen der Mädchen in einer Band sein. Und natürlich kriegst du dann die Mädchen. Dann liebst du die Musik und bist stolz darauf. Dann kommen der Ruhm und all das Geld. Wenn ich heute am Hollywood Boulevard die Sterne von Elvis, Clark Gable und Little Richard sehe und dann über den von Kiss gehe, kann ich stolz sein. Wir werden die Restaurantkette weltweit etablieren, gehen damit nach Mexiko, Hawaii und auch nach Europa.

Wann kommen Ihre Restaurants nach Europa?

Sobald wir Partner gefunden haben, die zum Beispiel in Wien leben und ihre Kinder dort zur Schule schicken. Denn ich würde ein Wiener Restaurant nicht von Amerikanern leiten lassen. Die würden die Kultur nicht kennen, nicht verstehen, was ein Wiener Schnitzel oder Gulasch für die Stadt bedeutet, nicht wissen, dass es einmal die Österreich-Ungarische Monarchie gab. Für ein erfolgreiches Business ist das aber essenziell.

Sie sagten immer, ein Staat sollte von einem Businessman wie ein Business geführt werden. Freut es Sie, dass Sie mit Donald Trump jetzt genau so jemanden als US-Präsidenten haben?

Ich kenne ihn recht gut, wir haben uns über die Jahre immer wieder getroffen. Als ich an der Wall Street die Schlussglocke geläutet habe, war der Dow Jones bei 8000 und im Aufwärtstrend. Aber seit Trump Präsident ist, hat er 16 Mal eine Rekordmarke geknackt. Da haben an der Wall Street sehr viele Leute sehr viel Geld gemacht.

Aber davon profitieren nur Leute wie Sie.

Es stimmt, auch ich habe dabei sehr viel Geld gemacht. Aber eine florierende Wirtschaft ist auch für andere Menschen gut, denn das bedeutet, dass mehr und mehr Leute Arbeit und einen Job finden. Man kann zu Donald Trump stehen, wie man will. Aber Tatsache ist, dass er gewählt wurde. Wem das nicht passt, der kann protestieren und beim nächsten Mal jemand anderen wählen – wie das eben in einer Demokratie so ist.

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