Games und Kunst: Eintauchen in das Klimt-Mosaik

"Klimt's Magic Garden"
Zum 100. Todestag: Im MAK kann man dank Datenbrille durch einen magischen Klimt-Garten spazieren.

Trauen Sie sich das sonst einmal in einem Museum: Im MAK kann man derzeit in ein Mosaik von Klimt hineinsteigen, darin herummarschieren, auf Tuchfühlung mit Klimts "Vollendung" gehen – und sich auch einfach auf eines der bekannten Klimt-Muster stellen und ein bisschen ausruhen.

Zur Info: Im Belvedere dürften Sie das nicht.

Im MAK darf man das auch nicht immer, ab Dienstag (6.2.) aber hat man diese seltene Möglichkeit. Denn da (es ist Klimts 100. Todestag) eröffnet im MAK Forum die Virtual-Reality-Installation "Klimt’s Magic Garden" von Frederick Baker.

Mit Datenbrille und Controller bewaffnet kann man dabei in ein dreidimensionales Klimt-Bild eintauchen und sich darin frei bewegen, umschauen und auch verlaufen.

Nachempfunden ist der magische Computergarten einem Klimt-Fries im von Josef Hoffmann entworfenen Palais Stoclet in Brüssel: Dort wandert, schildert MAK-Direktor Christoph Thun-Hohenstein, die Sonne im Laufe des Tages den Fries entlang, bis sie schließlich, die "Vollendung" beleuchtend, untergeht.

Der "Magic Garden" im MAK kann mehr. Der Vorab-Besucher musste zwar erst die Daten- über die eigene Brille zwängen. Dann aber angelt man sich durch eine optisch beeindruckende Überdosis Klimt, kann auf klimtgemustertem Wasser spazieren und einem Teil des Mosaiks dabei zusehen, wie es nach hinten wegkippt und zur Brücke in weitere Teile des eindrücklichen magischen Gartens wird.

Es dreht sich und bewegt sich, es verwandelt sich und glitzert – und dann steht man, plötzlich, im Klimt’schen Goldregen.

Kunst aus dem Game

Zur Welt bringt die Kunst hier das Game: Die Klimt-Installation verwendet Software, die sonst bei den vom Kulturfreund gerne verachteten Ballerspielen zum Einsatz kommt und dort dafür sorgt, dass die Kugeln fliegen und das Blut möglichst lebensecht fließt. Diese hochkomplexe Welterzeugungssoftware, auf deren Basis die Game-Handlung dann abläuft, lässt die Spielumgebung funktionieren wie die echte Welt, kennt physikalische Gesetze, sorgt für richtigen Lichteinfall und dafür, dass Wände hart sind. Und sie war früher für künstlerische Arbeit unerschwinglich, sagt Baker. Doch inzwischen stellen die Game-Hersteller ihre ausgefeilten Engines, wie diese Software genannt wird, für Kunst oftmals sogar gratis zur Verfügung. Dort kann man dann auch als kleines Team eine funktionierende, dreidimensionale Umgebung gestalten – diesfalls eben durchsetzt mit Klimtmotiven, dem typischen Goldrausch und sich drehenden Blumen.

Das ist für die Kunst so etwas wie die nächste Grenze, schildert Baker: Hier, in einem dreidimensional erlebbaren, frei erforschbaren Kunstwerk könnte eine ganz neue Form der Kultur entstehen. Thun-Hohenstein legt nach: Man nähere sich hier 100 Jahre nach der Wiener Moderne wieder dem Begriff des Gesamtkunstwerks.

Game als Kultur

Dass es den starken Konnex zum Computerspiel gibt, ist kein Zufall. Denn die Games sind, unter dem Radar der Kultur- und auch der Elternwelt, längst zum entscheidenden Kulturprodukt unserer Zeit geworden. Der Gamemarkt ist locker doppelt so umsatzträchtig wie Hollywood. Die Game-Branche beschäftigt Regisseure, Drehbuchautoren, Schauspieler, Musiker, Designer – wie der Film, nur dass das junge Publikum mit den Games Dutzende, wenn nicht Hunderte Stunden verbringt. Und dabei das Maß an Kulturkonsum, das sich Eltern und Lehrer immer wünschen, vielfach absolviert.

Es ist die jüngste Kulturform, mit der man Eltern ärgern kann – jetzt spiel nicht schon wieder so einen Blödsinn! –, und insofern ein bisschen der Punk von Heute.

Und die neuen Möglichkeiten der digitalen Kulturproduktion in dreidimensionalen Welten wirken auch auf die Kunst zurück. Komponist George Taylor hat die Musik zum "Magic Garden" beigesteuert – und erzählt, dass man dafür nicht einfach ein gewöhnliches, vor sich hin ablaufendes Werk einsetzen kann. Vielmehr muss der Komponist räumlich und vernetzt denken: Musik wartet hier an vielen Orten auf den Besucher. Und wenn sich dieser in der virtuellen Welt von einem Ort zum anderen bewegt, geht auch die Musik ineinander über – und muss also zusammenpassen, sagt Taylor.

Viele Künstler weltweit, sagt Baker, erforschen derzeit diese neuen Möglichkeiten. Man sei in einer ähnlichen Aufbruchsphase wie zu Beginn des Kinozeitalters: Irgendwann, sagt Baker, war der Kinofilm dann nicht mehr eine Jahrmarktsattraktion oder eine Novität, sondern eine gänzlich neue Kulturform. Das wird auch irgendwann in den Computerwelten so sein. "Wir sind auf dem Weg."

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