"Frauen erzählen spannendere Geschichten“

"Frauen erzählen spannendere Geschichten“
Diagonale: Über Umut Dags "Kuma" und Susanne Brandstätters "The Future's Past".

Ja, es ist ein Déjà-vu-Erlebnis: All das hat man als Bewohner eines Landes, in dem einer der schlimmsten Verbrecher des 20. Jahrhunderts wütete, schon einmal gehört und gesehen. Wie Mitläufer betonen, sie hätten ja gar nicht anders gekonnt, sie hätten ja sonst auch sterben müssen. Wie Täter erst nach hartnäckigem Nachhaken ihre Verbrechen zugeben und kaum Reue zeigen. Wie die junge Generation das Tun der Eltern und Großeltern infrage stellt.

Susanne Brandstätters "The Future’s Past" arbeitet – aufgehängt auf dem UN-Tribunal gegen Pol Pot – die Schreckensherrschaft der Roten Khmer in Kambodscha auf. Sie geht in Familien, lässt die Meinungen von Jung und Alt aufeinanderprallen, die Alten von ihren schrecklichen Erinnerungen erzählen. Zugeschüttete Gräben brechen auf, verzeihen scheint noch immer schwierig. Ein didaktisch wertvoller Film mit exotischer Komponente.

 

 

Parallelgesellschaft

In die Wiener Immigrantenszene entführt der junge Regisseur Umut Dag in seinem Langfilm-Erstling "Kuma". Fatma, eine türkische Mutter, sucht quasi Ersatz für sich selbst – sie ist an Krebs erkrankt und will ihre Familie versorgt wissen. In einem anatolischen Dorf wird sie fündig: Die blutjunge Ayse wird pro forma mit dem ältesten Sohn vermählt, ist aber in Wirklichkeit die Zweitfrau für Fatmas Mann. Vom Rest der Familie angefeindet, wird Ayse kurzerhand in die Wiener Wohnung verpflanzt. Dass dann alles ganz anders kommt, als Fatma es geplant hat, ist der Clou des Films.

Umut Dag, als Sohn kurdischer Eltern in Wien geboren, kennt die Parallelgesellschaft, die vor allem türkische Zuwanderer in ihren Exilländern gründen, nur zu genau. Die türkische Gesellschaft lebe, so Dag, noch stärker als andere für den Schein nach außen hin. Man sei immer unter dem Druck, mehr sein zu müssen, als man ist. Dass sich eine Frau eine andere Frau unter falschem Vorwand ins Haus holt, um den Schein zu wahren, sei da nur logisch.

Prinzipiell sei er der Meinung, dass Frauen "die spannenderen Geschichten zu erzählen haben: Sie halten alles zusammen, sind die Fundamente der Gesellschaft." Ein interessanter, auch exotischer Film.

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