"Frankieboy" feiert Geburtstag

Eine neue Biografie schildert sein unglaubliches Leben zwischen Triumph, Mafia-Kontakten und Niedergang.

Er war ein Mann mit zwei Gesichtern. Frank Sinatra konnte launenhaft und überheblich sein, er hatte Kontakte zur Mafia und betrog seine Frauen am laufenden Band. Gleichzeitig nahm er den Kampf gegen jegliche Form von Rassismus auf und spendete ein Vermögen für in Not geratene Menschen. Vor allem aber war er für Millionen Fans in aller Welt: Der größte Entertainer, den es je gab. Heuer wäre "Ol’ Blue Eyes" 100 Jahre alt. Die Biografie "Frank Sinatra und seine Zeit" von Johannes Kunz erscheint am Montag.

" Frankieboy" wurde als Sohn eines aus Italien stammenden Ehepaares am 12. Dezember 1915 in Hoboken bei New York geboren. Seine Mutter Dolly war Hebamme, Vater Anthony Sinatra war Analphabet und ein mittelmäßiger Profiboxer. Später, in der Zeit der Prohibition, betrieb Dolly eine Bar mit illegaler Alkoholausschank, wodurch es die Familie zu etwas Wohlstand brachte. Frank Sinatra liebte seine Mutter über alles, die 1977 tragisch ums Leben kam: Er ließ die 82-Jährige zu einem seiner Konzerte nach Las Vegas einfliegen, doch der Privatjet verunglückte.

"Keine Begabung"

Frank Sinatra brach mit 16 Jahren die Highschool ab, deren Rektor an ihm "keine wie immer geartete Begabung" erkennen konnte. Eine Zeit lang als Werftarbeiter tätig, hatte der schmächtige Italo-Amerikaner im März 1933 ein Erlebnis, das seinen Weg bestimmen sollte: Sinatra besuchte mit Nancy Barbato – seiner späteren ersten Frau – ein Konzert von Bing Crosby. Er bewunderte dessen Leichtigkeit und dachte, dies müsste auch er können. Bald trat Sinatra über Vermittlung seiner Mutter für 40 Dollar Wochen-Gage in einer Bar auf, gründete mit drei anderen Sängern die "Hoboken Four" und nannte sich gelegentlich Frankie Trent.Die 1930er-Jahre waren die Blütezeit der Big Bands, des Swing und des Jazz. Die Wirtschaftskrise war überwunden, und die Amerikaner sehnten sich nach unbeschwerter Unterhaltung. In diesen Tagen entwickelte Sinatra seinen persönlichen Stil.Die Wahl zum besten Sänger 1941 war der Auftakt zu einer einzigartigen Karriere – mit einem Song, dem er ein Leben lang treu blieb: "Night And Day" von Cole Porter. Als Sinatra in dieser Zeit die Zusammenarbeit mit seiner bisherigen Band von Tommy Dorsey beendete, tauchten erste Gerüchte über Verbindungen zur Mafia auf. Angeblich stimmte Dorsey der Auflösung des Vertrags nur zu, weil ihn "Freunde" Sinatras unter Druck gesetzt hätten.

Frank Sinatra wie er leibt und lebte

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Gala zur Feier der 2. Amtsperiode von Ronald Reaga…
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USA BACALL OBIT
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USA BACALL OBIT
"Frankieboy" feiert Geburtstag

USA SINATRA STAMP
"Frankieboy" feiert Geburtstag

SINATRA, MARTIN AND DAVIS JR. IN SCENE FROM "ROBIN
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Ein denkwürdiger Auftritt

Am 30. Dezember 1942 hatte "Frankieboy" einen denkwürdigen Auftritt mit dem Orchester Benny Goodman im New Yorker Paramount Theatre: Als der 27-Jährige die Bühne betrat, brach ein Orkan von 5000 kreischenden Jugendlichen los, der nicht enden wollte. Sinatra selbst "erstarrte vor Schreck". Als er dann zu singen begann, fielen weibliche Fans reihenweise in Ohnmacht. Sinatra war ein Idol.Trotz angeblicher Mafia-Kontakte fand Frank Sinatra Eingang in die High Society. Um seine Gunst rissen sich US-Präsidenten, er warb für Franklin D. Roosevelt, John F. Kennedy, Richard Nixon und Ronald Reagan.Doch Sinatra hatte auch mächtige Feinde. In jüngeren Jahren politisch eher "links", lenkte die konservative Presse das Interesse der Öffentlichkeit auf seinen Umgang mit dubiosen Figuren. So traf er 1947 in Kuba Lucky Luciano, den "Paten der Paten". Sinatra erwiderte auf Zeitungsberichte, er hätte nicht gewusst, mit wem er in Havanna an einem Tisch gesessen sei. Kurz darauf kam es in einem Restaurant in Hollywood zum Eklat: "Frankieboy" sah einen der Journalisten, die über seine Mafia-Verbindungen geschrieben hatten, und streckte ihn mit einem Faustschlag zu Boden. Der Skandal zeigte Wirkung: Als er bald danach mit Sammy Davis Jr. auftrat, blieb das Publikum aus.

Die zwei Gesichter

"Der Mann mit den zwei Gesichtern", wie Johannes Kunz ihn nennt, konnte rüpelhaft und brutal sein. Es kam vor, dass er Mitspielern ins Gesicht schlug, wenn er beim Baccara-Spiel im Casino verlor. Doch dann setzte er sich vehement für diskriminierte Afroamerikaner ein und half notleidenden Menschen mit gigantischen Summen aus.

Als skandalös wurde in den Medien auch sein Privatleben dargestellt, etwa als er seine Frau Nancy samt drei Kindern verließ, um Filmstar Ava Gardner zu heiraten. Daneben hatte er zahlreiche Affären – angeblich auch mit Prinzessin Soraya, Marilyn Monroe und Lauren Bacall. Seine dritte und seine vierte Ehefrau waren Mia Farrow und Barbara Marx.

In den 1950er-Jahren bekam er das Ende der Big-Band-Ära zu spüren und mit Elvis Presley eine mächtige Konkurrenz. Neben dem hüftschwingenden, exzentrisch gekleideten Rock ’n’ Roll-Star sah Sinatra in seinem Smoking zuweilen alt aus. Ähnlich war’s, als ihn die "Beatles" und Michael Jackson aus den Charts drängten.

Die unangefochtene Nummer eins

Doch "The Voice" gab nicht auf und sang Hits wie "The Lady Is A Tramp" und "My Funny Valentine". Sinatra erlebte viele Tiefen und kehrte doch jedes Mal als unangefochtene Nummer eins der populären Musik zurück.

So auch, als das "Rat Pack" der Freunde Sinatra, Sammy Davis, Dean Martin und Peter Lawford entstand, das sich in der "Goldenen Zeit von Las Vegas" durch die Shows blödelte. Und Sinatra wurde steinreich – nicht nur als Entertainer, sondern auch durch Beteiligungen an Plattenfirmen, Filmgesellschaften, Hotels, Spielcasinos und Radiostationen. Der Jahresumsatz seiner Firmen soll Anfang der 1960er-Jahre rund 20 Millionen Dollar betragen haben. Dennoch war er oft pleite, erzählte Harry Belafonte: "Wenn er wieder Mal nach New Jersey flog, um auf der Geburtstagsparty irgendeines Mafia-Bosses zu singen, munkelte man, dass das vielleicht seine Art war, Schulden abzutragen."

Keine Beweise gegen Sinatra

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Über Sinatras Kontakte zum organisierten Verbrechen gibt es viele Spekulationen. "Gesichert ist", schreibt Johannes Kunz, "dass er einzelne ominöse Figuren gekannt hat. Das wesentliche Faktum ist freilich, dass Ermittlungen in den USA keine Beweise für irgendeine Beteiligung Sinatras an kriminellen Machenschaften erbracht haben."Auf Skandale, Gerüchte und Niedergang folgten immer wieder neue Songs, die seine dunkle Seite vergessen ließen. Die Art und Weise, wie er sie auch in seinen späten Jahren interpretierte, machte ihn unsterblich: "Strangers In The Night", "That’s Life", "My Way", "New York, New York" – insgesamt hatte er 2000 Lieder im Repertoire, mit denen er in aller Welt auftrat – drei Mal auch in der Wiener Stadthalle. Und er drehte 60 Filme, darunter "Verdammt in alle Ewigkeit" und "Die oberen Zehntausend".Frank Sinatra starb am 14. Mai 1998 im Alter von 82 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts. Bewundert bis weit über seinen Tod hinaus – und nicht minder angefeindet.Ja, Sinatra hatte zwei Gesichter. Und doch hat Anthony Quinn seine Persönlichkeit vielleicht auf den Punkt gebracht, als er meinte: "Ein Mann, der so singt, kann nicht wirklich schlecht sein."

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