Folge 1000: Der Tatort steigt wieder ins Taxi

Lindholm (Maria Furtwängler) aus Hannover und Borowski (Axel Milberg) aus Kiel
Die Jubiläumsausgabe der Krimireihe ist ein Psychothriller, in dem ein Elitesoldat zwei Ermittler entführt.

Das Wichtigste vorab: Folge 1000 des "Tatort" ist schon lange gelaufen. Und schuld ist Österreich. Die offizielle Zählweise der ARD unterschlägt nämlich die 13 Folgen, die zwischen 1985 und 1989 nur in Österreich gezeigt worden sind. Es gibt also eigentlich bereits 1013 Filme der Krimireihe. Streng inoffiziell natürlich.

Offiziell schlägt Folge 1000 (also die, die heute Abend um 20.15 Uhr auf ORF2 zu sehen ist) einen Bogen zurück zum Anfang. "Taxi nach Leipzig" hieß auch die allererste Folge der Krimireihe, sie lief am 29. November 1970. Der Hamburger Hauptkommissar Paul Trimmel (Walter Richter), ausgestattet mit Bierbauch, Zigarre und Spürnase, ermittelte damals einen makabren Fall in der DDR. Er rauchte, schlägerte und schimpfte.

Deeskalation

Im aktuellen Fall geht es weit bedrohlicher zu. Ohne einander zu kennen, besuchen die Hauptkommissare Borowski (Axel Milberg) aus Kiel und Lindholm (Maria Furtwängler) aus Hannover so eine Schulung im niedersächsischen Braunschweig. Der Spaß kippt, als beide in ein "Taxi nach Leipzig" steigen. Denn da drin wartet ein Fahrer, der später vor ihren Augen einem Mann das Genick bricht und unmissverständlich klar macht, dass er das auch mit ihnen macht, sollten sie nicht spuren. Wie sich bald herausstellt, ist ihr Entführer (Florian Bartholomäi) ein hoch verstörter einstiger Elitesoldat, der in Afghanistan gedient hat. Dort hat der junge Mann wegen eines falschen Befehls eines Vorgesetzten harmlose Zivilisten getötet. Als er dann noch mitbekommt, dass der Vorgesetzte seine eigene große Liebe in Leipzig heiraten will, rastet der Psychopath aus und rast in die Stadt.

Er lässt sich dabei eben nicht von zwei vor Angst schwitzenden Polizisten aufhalten. Deren amateurhafte Deeskalationsversuche verwandelt der diesbezüglich exzellent geschulte Soldat in ein sadistisches Spiel.

Ausgezeichnet

Für Buch und Regie zeichnet Alexander Adolph verantwortlich, der als Autor des "Tatort"-Krimis "Im freien Fall" (1997) den Grimme-Preis erhielt und 2014 mit Furtwänglers Fall "Der sanfte Tod" Furore machte. Der Münchner Fernsehmacher sorgt für die erste Zusammenarbeit der beiden sehr beliebten, charakterlich so unterschiedlichen Kommissare. Und er führt innere Monologe ein – man hört, was Geiselnehmer und Opfer denken und fühlen. Als Extra-Schmankerln gibt es kurze Wiedersehen mit Mitwirkenden von einst. So sind Günter Lamprecht und Hans Peter Hallwachs dabei, ebenso Karin Anselm, die ab 1981 als Hanne Wiegand ermittelte. Friedhelm Werremeier, Autor des ersten "Tatort", markiert einen wortlosen Wirtshausgast.

Besonders ist vor allem, dass fast der ganze Film in einem Auto spielt (das für die Dreharbeiten an drei Seiten aufgesägt wurde).

Der Titel des wie damals wieder in NDR-Auftrag produzierten Films ist eine Verbeugung vor den Pionieren der Kultreihe, die als letztes TV-Format regelmäßig rund zehn Millionen Zuschauer zu einem festen Sendetermin versammelt und seit einigen Jahren gerade bei jungen Leuten gut ankommt – so hat der "Tatort" 900.000 Fans bei Facebook und 180.000 Follower bei Twitter. Das ist alles nichts gegen die Sprengkraft des "Tatort" zu dessen Frühzeit: Die erste Folge hatte noch einen Marktanteil von 60 Prozent – damals gab es in Deutschland aber auch nur drei Sender, die man empfangen konnte.

Wem Folge 1000 nicht gefallen sollte: Nächste Woche ist der ungewöhnliche Kommissar Murot (Ulrich Tukur) im Einsatz. Ein Psychokrimi, in dem er einen Mörder hineinlegen will, nur um festzustellen, dass der es die ganze Zeit auf ihn abgesehen hat.

Austropower

Der ORF schickt seit dem Beginn der Reihe im Herbst 1970 seine Ermittler an den "Tatort". Neben dem dienstältesten österreichischen Ermittler Fritz Eckhardt als Oberinspektor Marek waren seither Kurt Jaggberg (Oberinspektor Hirth), Miguel Herz-Kestranek (Lutinsky), Bruno Dallansky (Oberinspektor Pfeiffer), Michael Janisch (Oberinspektor Fichtl) und Wolfgang Hübsch (Oberinspektor Kant) im Einsatz. 1987 war sogar Christoph Waltz im Einsatz.

Folge 1000: Der Tatort steigt wieder ins Taxi
1000. Tatort in der ARD - Hier aus TATORT: GIER, Österreich 2015, Regie Robert Dornhelm Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) bei den Ermittlungen. © ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg, honorarfrei - Verwendung gemäß der AGB im engen inhaltlichen, redaktionellen Zusammenhang mit genannter Degeto-Sendung und bei Nennung "Bild: ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg" (S2). ARD Degeto/Programmplanung und Presse, Tel: 069/1509-335, degeto-presse@degeto.de
Seit 1999 ermittelt Harald Krassnitzer als Moritz Eisner. Er wird immer dann eingesetzt, wenn es gilt, besonders knifflige Fälle zu lösen. Er ermittelt deshalb nicht nur als Mitglied der Wiener Mordkommission, sondern wird auch in andere österreichische Bundesländer geschickt.

Sein erster Fall, "Nie wieder Oper", wurde am 17. Januar 1999 ausgestrahlt. In seinem 24. Fall vom 6. März 2011, "Vergeltung", arbeitete Eisner erstmals mit Bibi Fellner zusammen, verkörpert von Adele Neuhauser, von der er seitdem unterstützt wird. Zuletzt hat der für das Innenministerium arbeitende Eisner den Rang eines Oberstleutnants, während Fellner den eines Majors hat.

Das unbedankte Auge

Horst Lettenmayer war noch keine 30 Jahre alt, als er Fernsehgeschichte schrieb. Für den Vorspann zu einem "Pilotfilm" einer neuen ARD-Reihe schaute er vor mehr als 46 Jahren in die Kamera und rannte auf dem damaligen Münchner Flughafen hin und her, während seine Beine gefilmt wurden. Weil damals noch niemand wusste, dass aus diesem "Pilotfilm" die erfolgreichste und bekannteste deutsche Krimireihe werden würde, bekam und akzeptierte er damals 400 Deutsche Mark Gage für den Tagesjob.

Lettenmayer ist das "Tatort"-Auge aus dem Vorspann der Krimi-Reihe. Ein juristischer Kampf für mehr Geld, eine nachträgliche Beteiligung am großen "Tatort"-Erfolg und um mehr Anerkennung ging nicht zu seinen Gunsten aus. "Es geht dabei ums Prinzip", sagt Lettenmayer, der auch dem Ameisenoffizier in der "Biene Maja"-Serie seine Stimme geliehen hat. Um die geistige Leistung eines Schauspielers.

Das Gericht, sagt Lettenmayer, habe ihn damals gefragt, ob er auf der Straße allein an seinen Augen erkannt werde. Das sei allerdings noch nie vorgekommen.

Um Geld zu verdienen, konzentrierte Lettenmayer sich darum auf seine Fähigkeiten als Elektrotechniker und die Lampen-Firma, die er aufgebaut hat und die seinen Angaben zufolge sogar das britische Königshaus als Kunden hat. Der Vorspann wurde übrigens nie verändert – ungewöhnlich im Fernsehen.

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