"Trainspotting 2": Rückkehr ins Kinderzimmer

Trainspotting 2
Danny Boyle kehrt mit der Originalbesetzung zurück: "T2: Trainspotting" als Nostalgie-Slapstick.

Im Jahr 1996 hieß England plötzlich "Cool Britannia". Tony Blairs "New Labour"-Jahre hatten gerade begonnen, Blur trat gegen Oasis an und Young British Artists dominierten die Kunstszene. Im Kino landete Danny Boyle seinen Brit-Hit "Trainspotting" – und schlug mit seiner Junkie-Groteske zwischen Heroin-Chique und Drogen-Elend dem Zeitgeistnagel von Cool Britannia auf den Kopf.

Zwanzig Jahre später ist harter Brexit angesagt: Danny Boyle hat den lauten Fan-Rufen nach einer Fortsetzung endlich Folge geleistet. Sein Sequel basiert auf rudimentären Teilen von Vorlagenautor Irvine Welshs "Porno". Sein "T2: Trainspotting", gedreht in der Originalbesetzung, fühlt sich an wie ein Klassentreffen, bei dem man heimlich denkt, dass man selbst am wenigsten gealtert aussieht.

In der schottischen Freundes-Clique hat eindeutig Ewan McGregor als Mark "Rent Boy" Renton die letzten Jahrzehnte am besten überstanden (kein Wunder: Er wurde ja auch Obi-Wan Kenobi in "Star Wars"). Rent Boy kehrt nach zwanzig Jahren nach Edinburgh zurück in sein ehemaliges Kinderzimmer. Wieder daheim, will er seine alten Freunde treffen – und muss als Erstes gleich einmal seinem alten Kumpel Daniel "Spud" Murphy (Ewen Bremner) das Plastiksackerl vom Gesicht reißen, mit dem dieser sich gerade umbringen will. Auch die Begegnung mit seinem besten Ex-Freund Simon "Sick Boy" Williamson (Johnny Lee Miller) verläuft nicht ganz reibungslos. Doch Sick Boy, eine hyperaktive Koksnase, die sich immer noch mit der Zahnbürste die Haare gelb färbt, will eine Art Luxus-Bordell eröffnen und Rent Boy als Partner gewinnen. Also vergessen wir die Vergangenheit, in der Rent Boy seine Kollegen um viel Geld betrogen hat. Leider ist Francis "Franco" Begbie (Robert Carlyle) nicht ganz so nachsichtig wie die anderen: Er befreit sich aus dem Gefängnis, macht Stippvisite bei Frau und Sohn und begibt sich dann auf eine frenetische Jagd nach Rent Boy.

Choose Twitter

Danny Boyle legt sich schwer ins Zeug, um zu beweisen, dass er immer noch kultwürdiger Zeitgeistfilmer ist: schräge Kamerawinkel, giftig-dreckige Farben und knallige Retro-Popmusik – von Blondie bis Iggy Pop – garantieren kurzweilige Ablenkungen zwischen gefälligem Schäbigkeitsrealismus und Beinahe-Slapstick. Richtig gut wird "T2" allerdings nie, höchstens nostalgisch-unterhaltsam. Zur politischen Brexit-Gegenwart hat Boyle offensichtlich wenig zu sagen, wenngleich er in einem Update des berühmten "Choose Life"-Monologs Rent Boy mit den sozialen Medien abrechnen lässt ("Choose Facebook, Twitter, Instagram and hope that someone, somewhere cares").

In erster Linie aber braten alle in ihrem eigenen Saft: Es geht um Männer in der Midlife-Crisis, um ihre angeknacksten Freundschaften und ihren Versuch, in der zweiten Hälfte des Lebens Fuß zu fassen. Und so ist es wohl auch kein Zufall, dass Boyle – apropos Frauentag! – für die Frauenfiguren, die aus dem ersten Teil wieder auftauchen, noch weniger Platz findet als in "Trainspotting".

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