"Fairy Queen": Bemühte Ehrenrettung

Szenenbild
Szenisch klug, musikalisch solide: Henry Purcells "The Fairy Queen" im Theater an der Wien.

Auch das kommt vor. Manchmal ist die Verpackung größer als der Inhalt. So geschehen bei Henry Purcells "The Fairy Queen". Ein Werk, das keine Oper im engeren Sinn ist, sich thematisch auf William Shakespeares "Sommernachtstraum" bezieht, ohne ein einziges Wort von Shakespeare zu verwenden, und das auf jeden Inhalt verzichtet.

Was also tun mit dieser 1692 in London uraufgeführten "Semi-Opera" (Text von Thomas Betterton), die eine lose Abfolge von (meist kurzen) Arien oder Ensembles mit etlichen Zwischentexten illustriert? Was tun mit all den allegorischen Figuren, den personifizierten Feen, Elfen oder Jahreszeiten, die eher motivationslos zu singen beginnen? Soll man "The Fairy Queen" als das inszenieren, als das es gedacht war? Also als großes optisches Spektakel, als historisierende Behauptung? Wohl eher nicht.

Theater auf dem Theater

Das dachte sich auch Regisseurin Mariame Clément, die im Theater an der Wien nun zur Ehrenrettung dieses musikalischen Hybriden ansetzt. Ihr (sehr kluges) Rezept: Weg mit dem Text, weg mit allem Ballast, hin zu einer ganz neuen, eigenen Geschichte. Und die geht bei Clément so: Ein Opernensemble feiert die Premiere der "Fairy Queen", in Rückblenden wird der Probenprozess geschildert. Es gibt den Regisseur, der sich in die Sopranistin verliebt, die mit dem Regieassistenten liiert ist. Es gibt die Dramaturgin, die den Regisseur begehrt, und den ständig betrunkenen Bühnenbildner sowie jede Menge Theaterpersonal.

Ausstatterin Julia Hansen hat dafür einen Proberaum und eine Kantine auf die Bühne gestellt. Mit einer nahezu unglaublichen Liebe zum Detail schildert Clément die Entstehung einer Opernproduktion, zeigt die (Liebes-)Nöte ihrer Protagonisten auf. Die Gedanken der Personen werden via Projektionen (Texte: Lucy Wadham) sichtbar, das Spiel mit dem Spiel funktioniert gut, ermüdet aber auch auf Dauer. Denn fünf Wochen Proben zu "The Fairy Queen" können auch für den Zuschauer anstrengend sein.

Und das, obwohl der exzellente Arnold Schoenberg Chor jede noch so kleine Partie vokal wie darstellerisch mit Hingabe erfüllt, obwohl alle Singschauspieler auf hohem Niveau agieren. Anna Prohaska als Sopranistin Anna P. und Kurt Streit als Regisseur Kurt S. bieten ausgefeilte Charakterstudien; stimmlich aber haben Florian Boesch als Ausstatter Boesch und Marie-Claude Chappuis als Dramaturgin Marie-Claude C. deutlich die Nase vorn.

Ton auf Ton

Exzellent der Tenor Rupert Charlesworth als Schauspieler Rupert C.; erfreulich Florian Köfler und Carolina Lippo aus dem Jungen Ensemble. Warum das Ganze dennoch nicht abhebt? Weil Dirigent Christophe Rousset am Pult der nicht immer sicheren Les Talens Lyriques viel zu brav Ton um Ton exekutiert und nur selten zu einer dramatischen Erzählweise findet.

Viel Applaus, wenig Buhs, vor allem aber Ratlosigkeit.

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