ESC in der Ukraine: Erste Fragezeichen

Jamala holte den Song Contest in die Ukraine und damit mitten in einen heiklen Konflikt
Wo wird die Ukraine den ESC austragen? Manche träumen von der Krim.

Als Jamala, die Krimtatarin, den Song Contest in Stockholm gewann, applaudierte einer besonders heftig: Präsident Petro Poroschenko darf sich über einen symbolischen Sieg über Russland freuen. Noch dazu mit einem Lied, das vom Schicksal einer Bevölkerungsgruppe der von Russland annektierten Krim handelt. Song-Contest-Direktor Jon Ola Sand ging indes von einer Austragung in Kiew aus. Bei der Pressekonferenz von Siegerin Jamala sagte er in Richtung der ukrainischen Delegation, er sei sicher, "dass wir es schaffen, eine fantastische Veranstaltung im wunderschönen Kiew nächstes Jahr auf die Beine zu stellen". Als er das Wort "Kiew" aussprach, rief ein Teilnehmer der Pressekonferenz den Namen der Krim-Stadt Jalta dazwischen.

Im Minenfeld

Und schon ist der kunterbunte ESC-Tross in einem politischen Minenfeld angekommen. Willkommen in der Ukraine! Dort wurde schnell das erste politische Kleingeld aus dem internationalen Mega-Event geschlagen: "Der nächste Wettbewerb sollte auf der ukrainischen Krim sein", twitterte die Abgeordnete Switlana Salischtschuk, die zur Fraktion von Poroschenko gehört. Außenminister Pavlo Klimkin nutzte Jamalas Sieg ebenfalls zum Seitenhieb auf Russland: "Und nicht vergessen, die Krim gehört zur Ukraine", erklärte er bei seiner Gratulation an die Sängerin. Der Song Contest ist mit dem ukrainischen Sieg vom Samstag dort, wo er nie sein sollte: Mitten im politischen Konflikt. Aus "Building Bridges" in Wien wurde "Welcome to the conflict zone" in der Ukraine.

Kiew ist "bereit"

Abseits der Propagandafront um die Krim ist die Debatte um den Austragungsort in vollem Gang. "Kiew ist bereit für die Durchführung. Diskussionen zu anderen Städten haben keine Grundlage, da die Hauptstadt der am besten vorbereitete Ort für solch große Veranstaltungen ist", sagte Kiews Bürgermeister, der Ex-Boxer Vitali Klitschko.

Ein möglicher Ort wäre das Olympiastadion, das zur Fußballeuropameisterschaft 2012 komplett erneuert wurde. Die Arena fasst bei Sportereignissen knapp 70.000 Zuschauer. Kiew war bereits 2005 ESC-Gastgeber, damals fand der Wettbewerb im Sportpalast statt.

Jedoch melden auch die Bürgermeister der Großstädte Lwiw (Lemberg), Dnipropetrowsk und der Hafenstadt Odessa Ansprüche auf den ESC an. Bürgermeister Gennadi Truchanow aus Odessa schrieb auf seiner Facebook-Seite: "Unser Odessa wäre dieses prestigereichen Wettbewerbs würdig – eine multinationale, schöne, europäische Stadt mit einer reichen Geschichte und kulturellen Traditionen!" Stadtoberhaupt Andrej Sadowy aus Lwiw führte als Argument an, dass die Stadt bereits ein Ort der Fußball-EM und der Schachweltmeisterschaft gewesen sei.

Oder man lässt doch die Panzer Richtung Krim rollen.

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