Europäischer Filmpreis: "Melancholia" gewinnt

Lars von Triers Endzeitdrama räumt in Abwesenheit des Skandalregisseurs ab. Auszeichungen auch für Wim Wenders, Susanne Bier und Michel Piccoli.

Melancholia", das achtmal nominierte Werk mit Kirsten Dunst und Charlotte Gainsbourg, gewann bei der Gala am Samstagabend in Berlin gleich drei Preise, darunter den begehrten Hauptpreis für den besten Film. Von Trier war allerdings nicht angereist, sondern hatte seine Ehefrau geschickt. Auch die Gewinner der Darstellerpreise, Colin Firth und Tilda Swinton, waren nicht anwesend. Keinen Preis gab es dagegen für die Österreicher Karl Markovics, Markus Schleinzer und Josef Dabernig.

Von Triers Ehefrau Bente Froge sagte, sie habe gleich nach der Verleihung mit ihrem Mann telefoniert. "Er ist sehr glücklich." Ihr Mann werde allerdings keine Pressekonferenzen mehr absolvieren - da ist sich Froge sicher. "Es ist eine Erleichterung für ihn." So könne er sich auf seine Arbeit konzentrieren. Von Trier hatte im Mai beim Filmfestival in Cannes mit seinen Äußerungen über Hitler und Nazis einen Eklat ausgelöst.

Firth, Michel Piccoli und Wim Wenders

Das britische Historiendrama "The King's Speech" von Regisseur Tom Hooper gewann ebenfalls drei Preise: für den besten Schnitt und als Publikumsliebling. Außerdem erhielt Colin Firth nach dem Oscar noch die Auszeichnung als bester europäischer Schauspieler. Der 51-Jährige war auch nicht angereist, ließ aber ausrichten: "Innerlich tanze ich gerade!" Der Preis für die beste Darstellerin ging ebenfalls nach Großbritannien. Tilda Swinton wurde für ihre Leistung als Mutter eines Amokläufers in "We need to talk about Kevin" geehrt.

Der deutsche Regisseur Wim Wenders konnte sich über den Preis für die beste Dokumentation freuen. Den erhielt er für "Pina", seine Hommage an die Wuppertaler Tänzerin und Choreografin Pina Bausch. Die Dänin Susanne Bier gewann mit ihrem oscarprämierten Drama "In einer besseren Welt" die Trophäe für die beste Regie. Der 85 Jahre alte französische Schauspieler Michel Piccoli erhielt von der Akademie einen Sonderpreis. Der britische Regisseur Stephen Frears wurde für sein Lebenswerk geehrt, der dänische Schauspieler Mads Mikkelsen für seinen Beitrag zum Weltkino. Der Drehbuch-Preis ging an die belgischen Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne ("Der Junge mit dem Fahrrad").

Österreichische Beiträge

Auch drei Österreicher hatten bei der von Anke Engelke moderierten Gala auf eine Trophäe gehofft. Im "European Discovery - Prix Fipresci" der Nachwuchsfilmer kamen mit Karl Markovics' "Atmen" und Markus Schleinzers "Michael" zwei der fünf Nominierten aus Österreich. Überdies hatte Josef Dabernig Chancen auf eine Auszeichnung. Der Filmer war in der Kurzfilm-Sparte mit seinem siebzehnminütigen Werk "Hypercrisis" vertreten. Letztlich gingen aber alle drei leer aus. Kulturministerin Claudia Schmied zeigte sich dennoch erfreut: "Drei Normierungen beim Europäischen Filmpreis unterstreichen die Qualität des österreichischen Filmschaffens und verdeutlichen die wichtige Rolle des Bundes den heimischen Film zu fördern." Die Nominierungen reihten sich an zahlreiche internationale Preise in den letzten Jahren ein: "Sie sprechen eine klare Sprache, auch wenn unsere Nominierungen dieses Mal nicht zum Zug kamen: Österreich zählt längst zu jenen Ländern, die herausragende Erfolge feiern und für ihr Filmschaffen wahrgenommen werden."

Preisträger

- Bester Film: "Melancholia" von Lars von Trier

- Beste Regie: Susanne Bier ("In einer besseren Welt")

- Beste Schauspielerin: Tilda Swinton ("We need to talk about Kevin")

- Bester Schauspieler: Colin Firth ("The King's Speech")

- Bestes Drehbuch: Jean-Pierre und Luc Dardenne ("Der Junge mit dem
Fahrrad")

- Beste Kamera: Manuel Alberto Claro ("Melancholia")

- Beste Filmmusik: Ludovic Bource ("The Artist")

- Bestes Design: Jette Lehmann ("Melancholia")

- Bester Schnitt: Tariq Anwar ("The King's Speech")

- Bester Dokumentarfilm: "Pina" von Wim Wenders

- Bester Animationsfilm: "Chico & Rita" von Fernando Trueba, Javier
Mariscal, Tono Errando

- Prix Fipresci für die beste europäische Entdeckung: "Adem (Oxygen)"
von Hans Van Nuffel

- Publikumspreis für den besten europäischen Film: "The King's
Speech" von Tom Hooper

- Ehrenpreisträger: der britische Regisseur Stephen Frears
(Lebenswerk) und der dänische Schauspieler Mads Mikkelsen (Beitrag
zum Weltkino)

Zum Preis: Die Preise werden von der Europäischen Filmakademie (EFA) mit Sitz in Berlin verliehen. In der EFA sind 2.300 Filmschaffende aus ganz Europa versammelt. Die Auszeichnungen werden in der Regel abwechselnd in der deutschen Hauptstadt und einer anderen europäischen Metropole vergeben. 2012 wird der Europäische Filmpreis auf Malta verliehen.

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