Erwin Wurms Biennale-Eyecatcher

Erwin Wurms Beitrag zur Biennale Venedig.
Der Künstler pflanzte einen Laster als Aussichtsturm vor den Biennale-Pavillon. Brigitte Kowanz setzt dem Internet ein Licht-Denkmal.

Es ist ... ein Laster! Und zwar einer, der scheinbar mit der Nase voraus in den Boden gerammt wurde.

Lange rätselte man, welches spektakuläre Objekt der Künstler Erwin Wurm wohl vor den Österreich-Pavillon bei der diesjährigen Kunstbiennale von Venedig setzen würde. Das Objekt ist zweifellos ein "Eyecatcher" vor dem 1934 eröffneten Gebäude, das sich in einer Randlage in den "Giardini" befindet - jenem Gelände, in dem zahlreiche Länder ihre Beiträge zur Kunstschau präsentieren.

Der Truck entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Aussichtsturm, fünf Personen dürfen ihn zeitgleich betreten. Oben finden die Besucher dann ein Schild vor, das zum "Stillstehen und über das Mittelmeer schauen" anweist. Nur: Das Mittelmeer ist von diesem Punkt aus nirgends zu sehen.

Mittelmeer im Kopf

Erwin Wurms Biennale-Eyecatcher
Erwin Wurms Beitrag zur Biennale Venedig.
"Das Mittelmeer ist im Kopf", sagt Wurm, darauf angesprochen. Er sieht die Arbeit in seiner Tradition der "One-minute-sculptures", mit denen er in den 1990er Jahren berühmt wurde: Dabei "vervollständigen" Betrachter das Werk, indem sie die Anweisungen des Künstlers ausführen.
Erwin Wurms Biennale-Eyecatcher
Erwin Wurms Beitrag zur Biennale Venedig.
Die "One Minute Sculptures" bestimmen auch die zwei inneren Räume des Pavillons, die Wurm bespielt: Hier steht u.a. ein alter Wohnwagen aus dem 1970er Jahren, der mit allerlei absurden Öffnungen und Zubauten versehen ist. "Narrenschiff" steht an einer Stelle auf das Gefährt geschrieben.

Kowanz' Tempel des Lichts

Durchaus auch ein Eyecatcher, wenn auch von der subtileren Sorte, ist der Beitrag von Brigitte Kowanz, der sich in einem eigens errichteten Zubau befindet. Durch das Portal sieht man bereits Teile der Arbeit, das Ensemble erhält so fast den Charakter eines Tempels.

Erwin Wurms Biennale-Eyecatcher
Brigitte Kowanz (li). am Eingang zu ihrer Venedig-Installation.
Kowanz hat die dem Eingang zugewandte Wand des Baus in eine große "Lichtbox" verwandelt, links davon sind drei weitere Arrangements aus halbverspiegeltem Glas und Neon angebracht. Jeder Skulptur liegt ein Morsecode zugrunde, der wiederum ein Datum ausbuchstabiert: Die große Wand verweist auf den 12.3.1989, dem Tag, an dem das Internet erstmals vorgestellt wurde. Die drei kleineren Boxen verweisen auf den 15.9.1997 (das Startdatum von Google), den 15.1.2001 (den "Geburtstag" von Wikipedia) und den 9.1.2007, an dem das IPhone das Licht der Welt erblickte.

Kowanz' Beitrag lässt sich somit als eine Art Monument für das Internet deuten - gefertigt aus Licht, dem Medium des rasanten Datenverkehrs, und aus Morsezeichen, die die Urform des binären Codes darstellen, wie Kowanz erklärt.

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