Erwin Wurm mit Staatspreis ausgezeichnet

APA13886142-2 - 27072013 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT KI - (v.l.) LH Wilfried Haslauer, Unterrichtsministerin Claudia Schmied bei der Überreichung "Großer Österreichischer Staatspreis 2013" an Erwin Wurm, am Samstag, 27. Juli 2013. APA-FOTO: BARBARA GINDL
Der mit 30.000 Euro dotierte Preis wurde dem Künstler an seinem 59. Geburtstag verliehen.

An seinem 59. Geburtstag ist am Samstagvormittag der Künstler Erwin Wurm in Salzburg mit dem Großen Österreichischen Staatspreis 2013 ausgezeichnet worden. Um die Frage, warum der Preis verliehen und nicht verschenkt werde, kreisten die Dankesworte des in Bruck an der Mur geborenen und heute im niederösterreichischen Limberg lebenden Künstlers, der sich auch Gedanken um das herrschende "Fettarschsystem" machte, in dem etwa Lehrergewerkschafter ("Ein Mount Everest unter den Hoffnungsträgern") "mit fetten Ärschen den Kindern die Zukunft verstellen". Sprach es, bat seine beiden Söhne Michael und Laurin zu sich und nahm seine kleine Tochter Estée auf den Arm: "Sie sind die Zukunft", so der stolze Vater abschließend, ehe eine Geburtstagstorte angeschnitten wurde.

Viel Prominenz

Erwin Wurm mit Staatspreis ausgezeichnet
APA13886152-2 - 27072013 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT KI - Künstler Erwin Wurm mit seiner Tochter Estee bei der Überreichung "Großer Österreichischer Staatspreis 2013" an Erwin Wurm, am Samstag, 27. Juli 2013. APA-FOTO: BARBARA GINDL
Die ersten Geburtstagsgratulationen von Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) gab es bei dem prominent besuchten Festakt in der Salzburg Kulisse jedoch nicht für den "wirklich würdigen Staatspreisträger", sondern für eine Besucherin: Susanne Haneke, die an der Seite ihres Mannes, Oscar-Preisträger Michael Haneke, erschienen war, bekam von Schmied einen Blumenstrauß überreicht. "Happy Birthday", wünschte Max Hollein, der österreichische Direktor von Schirn Kunsthalle und Städel Museum in Frankfurt, Wurm am Ende seiner Laudatio und gratulierte auch für dessen perfekte Terminplanung. Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler freute sich hingegen darüber, dass der in Salzburg verliehene Preis jenen Ehrungen zuvor käme, die "zum runden Geburtstag" im kommenden Jahr auf Wurm wohl "nur so einprasseln" würden.
Erwin Wurm mit Staatspreis ausgezeichnet
APA13886128-2 - 27072013 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT KI - Unterrichtsministerin Claudia Schmied bei der Überreichung "Großer Österreichischer Staatspreis 2013" an Erwin Wurm (r.) am Samstag, 27. Juli 2013. APA-FOTO: BARBARA GINDL
Rabl-Stadler erinnerte in ihren Begrüßungsworten an jene fünf von der Salzburg Foundation aufgestellten mannshohen Gurken, mit denen Wurm seit 2011 im Salzburger Festspielbezirk präsent ist. Sie habe bemerkt, dass sich "vor allem Männer, gleich ob Bauarbeiter oder frisch Promovierter" gerne mit den phallischen Skulpturen fotografieren ließen - "selig lächelnd, wenn sie die größte Gurke erwischt haben". Schmunzelnd versprach Salzburgs neuer Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) daraufhin, Rabl-Stadler auch von ihm eine solche Fotografie ("mit Widmung") zukommen zu lassen. Im Übrigen sei er jedoch froh, dass Salzburg mit derlei Kunstwerken im offenen Raum entspannter umgehe als noch vor einigen Jahren.

Vor Gästen wie den Architekten Wilhelm Holzbauer und Gustav Peichl, Künstlern wie Brigitte Kowanz und Manfred Wakolbinger, Galerist Thaddaeus Ropac, Sammler Karlheinz Essl, Bundestheater-Holding-Chef Georg Springer oder Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann machte Kunstsenats-Präsident Josef Winkler seine Rede zu einer "Wortskulptur" ähnlich jener, mit der Wurm am Donnerstagabend in der Galerie Ropac für große Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Statt mit den Gurken im Werk Erwin Wurms beschäftigte er sich jedoch mit einem Totenschädel-Objekt des Künstlers, in dessen Augenhöhlen zwei Bananen stecken.

"Wurmland"

"Was ist von einem Staatpreisträger zu halten, der sich als Essiggurkerl porträtiert?", fragte Max Hollein in seiner Laudatio und hob hervor, dass Humor und Ironie Wurms Werk nicht nur oft "komisch, absurd und skurril" wirken ließen, sondern "eine Einladung zur Selbstentblößung und zur Selbsterkenntnis" darstellten. "Erwin Wurm hat für das Disfunktionale des menschlichen Individuums die richtige Form gefunden." Mit seinen Staubskulpturen, den "one minute sculptures" oder "verfetteten", aufgeblähten bürgerlichen Statussymbolen habe er auch den herkömmlichen Skulpturenbegriff "erweitert, zerdehnt und verformt". Auch die sozialen Medien von heute, seien mittlerweile "Wurmland", in dem es vor Nachahmungen seines Werks wimmle, "Missverständnisse eingeschlossen".

Erwin Wurm mit Staatspreis ausgezeichnet
APA13886164-2 - 27072013 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT KI - Künstler Erwin Wurm bei der Überreichung "Großer Österreichischer Staatspreis 2013" am Samstag, 27. Juli 2013. APA-FOTO: BARBARA GINDL
Erwin Wurm wurde am 27. Juli 1954 in Bruck an der Mur geboren und studierte 1977-79 am Mozarteum in Salzburg und 1979-82 an der Hochschule für angewandte Kunst sowie an der Akademie der bildenden Künste in Wien. In den 80er-Jahren schuf er aus Brettern, Latten und Blech Skulpturen, die er dann bunt bemalte. Es folgten Arbeiten, bei denen Abdrücke im Staub auf bereits entfernte Gegenstände verwiesen. 2006 war unter dem Titel "Erwin Wurm: Keep a Cool Head" eine 400 Werke umfassende Schau im mumok zu sehen. Gezeigt wurde dort etwa auch der bekannte rote "Fat convertible"-Porsche, der Wurms Methode, bekannte Gegenstände quasi übergewichtig werden zu lassen, repräsentierte, sowie ein auf dem Museums-Dach platziertes, umgedrehtes Einfamilienhaus. 2011 begeisterte Wurm auf der Biennale in Venedig mit seinem zusammengestauchten Elternhaus ("narrow house"). Im Vorjahr zeigte Wurm übermalte Aktfotos in der Albertina. Erwin Wurm, in zweiter Ehe mit der der Künstlerin Elise Mougin verheiratet ist, findet sich in den (von ihm kritisierten) internationalen Kunst-Rankings stets auf vorderen Plätzen.

Der mit 30.000 Euro dotierte Große Österreichische Staatspreis ist die höchste Auszeichnung, die von der Republik Österreich einmal jährlich einer Künstlerin oder einem Künstler für hervorragende Leistungen verliehen wird. Er wird auf Vorschlag des Österreichischen Kunstsenats ohne festgelegtes Rotationsprinzip innerhalb der Sparten Literatur, Musik, Bildende Kunst und Architektur für ein künstlerisches Lebenswerk vergeben. 2012 ging der Preis an den Schriftsteller Peter Waterhouse. Im Bereich Bildende Kunst erhielt zuletzt 2009 Brigitte Kowanz diese Auszeichnung. "Wehe, einer meiner Freunde sagt in Zukunft: Der Staatskünstler kommt!", warnte Erwin Wurm.

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