Steinhauer: "Über das Leben lachen dürfen"

Fotoprobe des Theaterstücks "Vater" von Florian Zeller unter der Regie von Alexandra Liedtke mit Erwin Steinhauer, Gerti Drassl, Martin Niedermair, Eva Mayer, Oliver Huether und Therese Lohner. Wien, 08.02.2016
Erwin Steinhauer über seine Rolle als Alzheimer-Kranker, das Alter und zerstörte Hotelzimmer.

Ab Donnerstag spielt Erwin Steinhauer in den Wiener Kammerspielen die Hauptrolle in "Vater" von Florian Zeller. Eine Tragikomödie aus der Sicht des Kranken: Ein Mann bemerkt, dass sich seine Welt auf seltsame Weise verändert ("als hätte ich kleine Löcher im Gedächtnis") – glaubt aber zunächst an eine Verschwörung seines Umfeldes. Als Tochter des Kranken zu sehen: Gerti Drassl. Inszeniert hat Alexandra Liedtke, die Ehefrau von Matthias Hartmann.

KURIER: Sie spielen einen Mann, der an Alzheimer erkrankt. Klingt nach einer tollen, aber nicht einfachen Rolle.

Erwin Steinhauer: In den ersten Szenen ist man sich gar nicht sicher, ob er Alzheimer hat oder nicht. Das ist das Spannende an dem Stück: Man könnte auch glauben, er ist Opfer einer Verschwörung. Aber es gibt dann schon deutliche Anzeichen, was mit ihm los ist. Menschen, die diese Krankheit haben, verstecken manchmal ihre Sachen und beschuldigen dann andere. Das ergibt am Theater witzige Situationen.

Das ist das Besondere an diesem Stück: Es ist nicht nur tragisch, sondern auch sehr komisch.

Es ist sehr, sehr witzig geschrieben – und deshalb passt es auch in die Kammerspiele. Man muss über das Leben lachen dürfen! Aber es ist am Ende auch tieftraurig.

Die Hauptfigur im Stück ist ein Greis. Sie sind genau genommen zu jung.

Deshalb wirkt das Stück in unserer Fassung auch tragischer. Die Krankheit ist bei meiner Figur noch nicht weit fortgeschritten, aber es fällt ihr auf, dass das Gedächtnis Löcher bekommt. Ich halte es auch für möglich, dass er nach der letzten Szene wie der Hundertjährige aus dem Fenster steigt und verschwindet. Denn er hat noch nicht das letzte Stadium erreicht.

Wie schwierig ist das zu spielen?

Man muss Grenzen zur Rolle ziehen und sich nicht bei jeder kleinen Schwierigkeit im Privatleben einreden: So, jetzt habe ich es auch! Denn jeder von uns geht ja manchmal in einen Raum und fragt sich dann plötzlich: Was wollt ich da?

Sie spielen nicht allzu viel – welche Stücke reizen Sie?

So etwas wie diese Geschichte! Mich interessiert nicht die hundertste Inszenierung von Klassikern. Mich interessieren Uraufführungen, wie im Volkstheater "Die Löwengrube" von Mitterer. Oder Themen, die gesellschaftlich im Brennpunkt stehen, etwa Missbrauch – und dann kam "Das Fest" von Thomas Vinterberg.

Kennen Sie Menschen, die an Alzheimer leiden?

Ich hatte in der Volksschule einen Freund, der gilt heute als der große Alzheimer-Papst: Peter Dal-Bianco. Als ich mich entschieden habe, die Rolle zu spielen, habe ich ihm eine Mail geschickt und den Stücktext. Dann haben wir gemeinsam mit Regisseurin Alexandra Liedtke einen Termin im AKH gehabt und er hat uns verschiedene Stadien dieser Krankheit vorgestellt. Das war wirklich beeindruckend. Es hat sich ja auch die gesellschaftliche Wahrnehmung verändert. Als mein Großvater alt war, hat man noch gesagt: Er ist ein bisserl verkalkt. Dann kam der Begriff Demenz auf und heute ist "Alzheimer" in aller Munde.

Sie werden im September 65 Jahre alt.

Das ist ein Alter, von dem wir, als wir jung waren, nie gedacht haben, dass wir es erreichen. Deshalb haben wir ja auch nie für die Pension eingezahlt (lacht schallend). Wir sind von Lokal zu Lokal gezogen, haben gespielt, haben ein bisschen Geld verdient und nie an die Zukunft gedacht.

Sie haben als Kabarettist begonnen – was bedeutet Ihnen Kabarett heute?

Ich geh ganz selten ins Kabarett. Die letzten Jungen, an denen ich noch dran war, war die Generation nach mir, die Hektiker. Die sind mir deshalb in Erinnerung geblieben, weil wir damals, als wir auf Tournee waren, in einigen Hotels nicht genommen wurden, weil die Hektiker eine Woche vorher das Hotel ruiniert haben (lacht). Jetzt werde ich in die Kulisse gehen, denn mein Sohn spielt dort sein erstes Kabarettprogramm (Matthias Franz Stein, "Jenseits"). Die Kulisse, wo ich damals in den Achtzigerjahren sechs Monate en suite gespielt habe – und alle haben geraucht (lacht)!

Sind Sie Ihrem Sohn, der ebenfalls Schauspieler ist, ein strenger Kritiker?

Wenn man mit dem eigenen Sohn spielen kann, das ist ein großes Glücksgefühl – wenn man vergisst, dass das der eigene Sohn ist. Ein Glücksgefühl!

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