Eine grenzenlose Sprache, eine grenzenlose Welt

Dominik Steiger vor seinem künstlerischen Beitrag im Rahmen der Gründungsveranstaltung der Grazer Autorenversammlung, 1973
Eine Ausstellung in der Kunsthalle Krems würdigt das wenig bekannte Werk des Avantgardisten Dominik Steiger.

Auf den Gruppenfotos ist er leicht zu erkennen: Er ist der, der die anderen um ein bis zwei Köpfe überragt. Ein großer, kantiger Mann mit Schnauzer und einem Gesichtsausdruck, der irgendwo zwischen verkniffen und humorvoll-ironisch liegt. Doch verglichen mit seinen Freunden und Kollegen – von Günther Brus bis VALIE EXPORT – ist Dominik Steiger immer noch ein Unbekannter.

Eine grenzenlose Sprache, eine grenzenlose Welt
"Wir nicht“, 1968; v. l. n. r.: Walter Pichler, Ernst Graf, Ingrid Schuppan, Oswald Wiener, Christian Ludwig Attersee, Kurt Kalb und Dominik Steiger
Foto: Christian Skrein
 
Mit einer großen Retrospektive (bis 8.2.2015) schenkt die Kunsthalle Krems dem Leben und Werk des vergangenen Jänner Verstorbenen nun gebührende Aufmerksamkeit. Mit 400 Werken und einer Fülle an Exponaten wird vor allem eines deutlich: die unfassbare Produktivität und Vielseitigkeit von Steigers Schaffen, das sich zwischen den Polen Sprache und Bild über die Grenzen von Gattungen und Medien hinweg erstreckt.

Die Ausstellung beginnt mit einem biografischen Archiv voller Fotos und Originaldokumente und wirft Schlaglichter auf ein Leben mit holprigem Auftakt: Nach einem Selbstmordversuch im Jugendalter scheint der Künstler seine morbide Seite bald in einer frenetischen Schaffenswut zu sublimieren: zunächst in literarischer Form, später auch im Bereich visueller Kunst.

Bezug zur Sprache

Steigers Werk auf einige wenige Ideen zu reduzieren, ist fast unmöglich. Ein wichtiger Aspekt ist der Bezug zur Sprache. Mit seinem ersten grafischen Projekt, den Runen-ähnlichen "Knöchelchenzeichnungen", löst Steiger Zeichen von ihrem Inhalt – ohne den Anschein sprachlicher Ordnung aufzugeben.

Eine grenzenlose Sprache, eine grenzenlose Welt
Dominik Steiger: „Ohne Titel“ (Agnolo Bronzino, „Lucrezia Panciatichi“, um 1540), o.J. (um 1999). Aus der Serie „"Kulturcollagen"
Auch die seriellen Arbeiten, in denen Steiger in feingliedrigem Duktus mehr oder weniger gegenständliche Kleinigkeiten festhält, haben etwas Alphabetisches. Selbst der Punkt – in der Sprache eine Leerstelle, in der Schrift eine minimale Einheit – gerät bei Steiger zu einem vielgliedrigen Bild.

Neben der Vertiefung ins Detail gibt es aber ebenso Tendenzen zur weitreichenden Vernetzung. Dies zeigt sich in einer Vorliebe für Kollaborationen. Dazu kommen skulpturale Arbeiten aus gefundenen Objekten, Aktionen, Filme, und weiterhin Texte.

Im Versuch, all diesen Aspekten gerecht zu werden, ist die Ausstellung fast überwältigend groß geraten. Eine Sammlung, die viele Schätze birgt – wenn man Zeit hat.

INFO: www.kunsthalle.at/de/kunsthalle-krems

Kommentare