"Ein Hologramm für den König": Selbstfindung in Saudi-Arabien

Tom Hanks steht in "Ein Hologramm für den König" in der Wüste
Laue Culture-Clash-Komödie mit Tom Hanks von Tom Tykwer.

Tom Tykwer, Deutschlands große Regie-Nummer im internationalen Autorenkino mit Mainstream-Appeal, hat erneut mit einer Großproduktion zugeschlagen. Wieder mit Tom Hanks in der Hauptrolle.

Schon Dieter Kosslick hatte vergeblich mit Tykwers Saudi-Arabien-Abenteuer für die Berlinale geliebäugelt: Eine Aufführung war aufgrund verleihtechnischer Umstände nicht möglich. Aber das Warten hat sich ohnehin nicht richtig gelohnt. Weniger verquast als der unsägliche "Cloud Atlas", den Tykwer zuletzt in Ko-Regie mit den Wachowski-Geschwistern fabrizierte, findet der "Lola rennt"-Regisseur in seiner Hype-Bestseller-Verfilmung von Dave Eggers zumindest teilweise zu schönen, aufgeräumten Bildern.

In ihnen hält sich allerdings in beinahe jeder Einstellung Tom Hanks auf. Und leider zeigt dessen leicht bekümmertes Jedermann-Gesicht im Verlauf der Ereignisse wenig Ausdruckswechsel.

Wie trefflich man Hanks, Prototyp des US-Vorstadt-Spießers mit dem Herz am rechten Fleck inszenieren kann, hat zuletzt Steven Spielberg in "Bridge of Spies" bewiesen. Bei Tykwer jedoch verharrt er in einer ermüdenden "Same as it ever was"-Pose, die schon zu Beginn durch den Song "Once in a Lifetime" von den "Talking Heads" anklingt. Dazu rast Hanks in seiner Rolle als abgehalfterter US-Geschäftsmann Alan Clay auf einer wilden Achterbahn durchs Bild. Er hat gerade einen Albtraum: Sein Leben ist aus den Fugen geraten. Sein Job als Handelsvertreter steht auf der Kippe. Er kann das Geld fürs College seiner Tochter nicht mehr bezahlen. Schweißüberströmt wacht Clay im Flugzeug nach Saudi-Arabien auf, während der Muezzin gerade durch die Lautsprechanlage die Fluggäste zum Gebet auffordert.

In Saudi-Arabien bekommt er seine letzte Chance: Er muss dem saudischen König innovative Kommunikationstechnologie andrehen – ist aber leider nicht der einzige Anbieter. Auch die Party-lustigen Dänen (Losungswort beim Bar-Eingang: Kierkegaard) und die Chinesen scharren bereits in den Startlöchern.

Wer nicht auftaucht, ist der saudische König.

Verkatert

In einer "Und täglich grüßt das Murmeltier"-Routine verschläft Clay regelmäßig seinen Shuttle-Bus zum Messegelände in die Wüste – ein "running gag", der auch beim fünften Mal nicht wahnsinnig lustig wird. Verkatert steigt er jeden Tag aufs Neue bei einem Einheimischen ins Taxi, bricht wiederholt mit einem Sessel nieder und wartet vergeblich auf den König.

Immer wieder schiebt Tykwer einige (unnötige) Rückblenden aus dem glücklosen Geschäftsleben seines Anti-Helden dazwischen: Clay hat einst erfolgreich US-Fahrräder verkauft, wurde dann aber von den Chinesen niederkonkurrenziert.

Doch auch in Saudi-Arabien stehen die Arbeitsverhältnisse nicht zum Besten: "Wir haben keine Gewerkschaft, wir haben Filipinos", informiert ihn sein Chauffeur lässig. Beim Besuch einer Luxuswohnanlage in der Wüste steigt Clay versehentlich im falschen Stock aus und öffnet eine Tür. Dahinter erblickt er das Elend zusammengepferchter Fremdarbeiter.

Beule

Wenn man in diesem Augenblick zufällig gerade niesen muss oder sonst wie mit den Augen blinzelt, hat man das Bild aber auch schon wieder verpasst. Allzu lange hält sich der Berliner Regisseur nämlich nicht mit Globalisierungskritik auf. Dann schon lieber eine sich anbahnende Liebesgeschichte mit einer attraktiven Ärztin (die schöne Sarita Choudhury, Ehefrau von Saul Berenson in "Homeland"): Diese wirft einen Blick auf eine Tennisball große Beule, die aus Alans Rücken wächst. Aus dem chirurgischen Eingriff entwickelt sich eine zarte Romanze.

Man besucht sich in der Luxusvilla – gar nicht so einfach, in Saudi-Arabien . Man taucht im Korallenriff; man kommt einander näher.

Man spricht Sätze, die offensichtlich im Mainstream-Kino unvermeidbar sind, wenn Menschen jenseits der 40 Sex haben: "Es ist schon sehr lange her, seit ich das letzte Mal ..."

Amerikanische Selbstfindung in Saudi-Arabien, eingewickelt in laue Humortücher, sanft unter Strom gestellt mit zarten Culture-Clash-Impulsen. Ein Tom-Tykwer-Film – nicht gut, nicht schlecht, schlimmer: Handschriftlos.

INFO: D/GB/F/ USA 2016. 98 Min. Von Tom Tykwer. Mit Tom Hanks, Alexander Black, Sarita Choudhury.

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Im Kino: "Ein Hologramm für den König"

Silbermedaille? Nein, danke. Für Bobby Fischer, Schachgenie aus Brooklyn und erster Amerikaner, der den sowjetischen Schachweltmeistern Paroli bieten konnte, zählte nichts weniger als der Sieg. Er wollte seine Gegner zertrümmert wissen, zu einem Zeitpunkt, als der Kalte Krieg seine spielerische Verlängerung im Kräftemessen der Supermächte auf dem Schachbrett fand. Am Höhepunkt seiner Popularität und berüchtigt für sein egozentrisches Verhalten, trat er 1972 gegen den Weltmeister Boris Spassky in Reykjavik an.

Tobey Maguire als Bobby Fischer ist schwer darum bemüht, dessen zunehmende Paranoia (Fischer, selbst Jude, fühlte sich von Juden und Kommunisten verfolgt) als psychologische Befindlichkeit zwischen Genie und Wahnsinn an die Oberfläche zu bringen. Doch genau dort bleibt sie auch – an der Oberfläche. Regisseur Edward Zwick hakt die üblichen Bio-Pic-Eckdaten (Kindheit, Aufstieg, Triumpf, Wahnsinn) wenig originell ab und kann vor allem für die Uneingeweihten keine Faszination für die Denksysteme des Schachspiels erzeugen. (sei)

INFO: USA/CN 2014. Von Edward Zwick. Mit Tobey Maguire, Liev Schreiber.

KURIER-Wertung:

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"Ein Hologramm für den König": Selbstfindung in Saudi-Arabien
Tobey Maguire als Bobby Fischer, der zunehmend austickt

In diesem Film heißt es Iron Man gegen Captain America, geniale Elektronik gegen übermenschliche Kräfte, Freund gegen Freund.

In "Avengers: Age of Ultron" hatten die Superhelden noch gemeinsam die Menschheit gerettet. Doch wegen des beträchtlichen Kollateralschadens, den sie bei dieser Aktion verursacht haben, beschließen die amerikanische Regierung und die Vereinten Nationen die Avengers unter ihre Kontrolle zu bringen.

Der politische Druck spaltet das Team in zwei Lager. Das eine wird von Steve Rogers alias Captain America und seinem Wunsch angetrieben, die Avengers vor jeglicher Einmischung der Regierung zu schützen. Das andere Lager folgt Iron Man Tony Stark und seiner Entscheidung, sich und seine Mitstreiter unter staatliche Verantwortung zu stellen.

Black Widow, War Machine, Vision, Black Panther und Spider-Man ergreifen für Iron Man Partei.

Captain America wird von Ant-Man, Hawkeye, Falcon, Scarlet Witch, Sharon Carter und Bucky alias Winter Soldier unterstützt.

Bis es aber zum rasanten Showdown der Spezialeffekte kommt, müssen sich die Akteure – und mit ihnen das Publikum – durch eine ziemlich holprige Handlung quälen, die den im Titel angekündigten Bürgerkrieg der Avengers zu erklären versucht.

Text: Gabriele Flossmann

INFO: USA 2016. 147 Min. Von Anthony Russo, Joe Russo. Mit Robert Downey Jr.

KURIER-Wertung:

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"Ein Hologramm für den König": Selbstfindung in Saudi-Arabien

Unter politischem Druck: „The First Avenger: Civil War“

Seit 2002 kämpfen die beiden Freunde Ratchet und Clank im gleichnamigen Computerspiel für das Gute. Inzwischen sind sie innerhalb ihres Genres zu Klassikern geworden. Jetzt haben es die beiden ins Kino geschafft und bilden den Auftakt zu einer Reihe von filmischen Videospiel-Adaptionen, die im Laufe des Jahres anlaufen – wie etwa "Warcraft" oder "Angry Birds".

Ratchet ist eine Art Weltraum-Kfz-Mechaniker, der mit seinem Freund Clank, einem kleinen Roboter, die Galaxie vor dem Untergang retten will. Gemeinsam kämpfen sie gegen den Bösewicht Dr. Nefarious und seine fiesen Kapitalisten-Aliens. Ratchet und Clank reisen in einem knallbunten Film durch das Sonnensystem und suchen einen Weg aus der Misere. Dabei kommt auch ihre Botschaft nicht zu kurz: Es gibt mehr als Geld, Ruhm und Macht – Freundschaft und innere Größe sind wichtiger.

Die Animation ist professionell, doch merkt man dem unterhaltsamen Treiben an, dass es in erster Linie als Werbespot gedacht ist: Für das gleichnamige Computerspiel, um das es in letzter Zeit still geworden ist.

Text: Gabriele Flossmann

INFO: Hongkong/CA/USA 2016. 94 Min. Von Kevin Munroe und Jericca Cleland.

KURIER-Wertung:

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Rettung der Galaxie: "Ratchet and Clank"

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