Ein großes, russisches Seelendrama, das perfekt zum Mitleiden verführt

Startenor Rolando Villazón gibt einen getriebenen, bedingungslos liebenden, charmanten Intellektuellen Lenski.
Tschaikowskys "Eugen Onegin" an der Wiener Staatsoper.

Russland und La Ola – das geht sich (politisch betrachtet) dieser Tage nur sehr bedingt aus. Aber nicht so an der Wiener Staatsoper, denn da war zum Schlussapplaus nach Tschaikowskys "Eugen Onegin" die "Welle" durchaus angesagt. Auch dank Rolando Villazón, der in der aktuellen Spielserie (Reprisen: 10. und 14. März) als Lenski zu brillieren weiß, der das Publikum zum Jubeln animiert.

Denn das Haus am Ring kann Tschaikowskys Meisterwerk in einer sehr guten Besetzung anbieten, die auch in Falk Richters immerhin praktikabler Schneefall-Inszenierung echte Gefühle, ja mitunter Dramatik vermittelt.

Da wäre eben Startenor Villazón, der einen getriebenen, bedingungslos liebenden, charmanten Intellektuellen Lenski gibt, der vokal in seiner großen Arie "Kuda, kuda?" alle Register seines Könnens zieht. Sehr schöne Höhen und ein darstellerischer Totaleinsatz – Villazón singt Lenski nicht, er ist Lenski und stirbt einfach vollendet.

Ebenso intensiv agiert Mariusz Kwiecien als Onegin. Der polnische Bariton gibt einen auch vokal extrem attraktiven Playboy aus dem Bilderbuch – ein selbstverliebter Dandy, der an der wahren Liebe (Tatjana) vorbeigeht und wunderschön in seinem Selbstmitleid badet.

Als Tatjana kann Sopranistin Dinara Alieva nach anfänglicher Nervosität überzeugen; den Wandel vom naiven Backfisch zur wissenden Frau ersingt sie sich mühelos.

Mühelos agiert auch Nadia Krasteva als tadellose Olga; Norbert Ernst kostet seinen Auftritt als Popstar Triquet herrlich aus. Ein Ereignis für sich ist der Bassist Ain Anger als Fürst Gremin. Besser kann man diese Partie kaum gestalten. Gut besetzt auch die kleineren Rollen; nur Dirigent Patrick Lange könnte sich am Pult des guten Orchesters mehr auf dessen philharmonische Qualitäten verlassen.

KURIER-Wertung:

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