Eddie Redmayne: "So attraktiv wie möglich aussehen"

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Oscarpreisträger Eddie Redmayne über seine Rolle der Transgender-Ikone Lili Elbe in "The Danish Girl".

Eddie Redmayne gelang auf Anhieb, was Leonardo DiCaprio fünf Mal nicht schaffte: Für einen Oscar nominiert zu werden und ihn auch zu gewinnen.

Als er letzten Februar allerdings in der Kategorie für Besten Hauptdarsteller antrat, zählte der Name Redmayne nicht gerade zu den Spitzenreitern auf der Liste berühmter Schauspieler.

Wer kannte schon Eddie Redmayne?

Klar, aufmerksame Kinobesucher hatten ihn vielleicht in "Elizabeth – Das goldene Königreich" gesehen, in "My Week with Marilyn" und in "Les Misérables".

Oder als Mantel-Model für Burberry mit Cara Delevingne.

Aber so richtig weltbekannt machte ihn erst die Darstellung des Ausnahmephysikers Stephen Hawking in "Die Entdeckung der Unendlichkeit". Für sein fein zieseliertes Spiel wurde Redmayne Oscar nominiert, gewann ihn (und noch unzählige andere Preise) und ist seitdem in aller Munde.

"Ich bin einer jener halb-neurotischen Typen, die zu viel Zeit damit verbringen, sich über ihren Alltagskram Sorgen zu machen", behauptete der knapp 34-jährige Brite von sich selbst im Interview. Angesichts einer potentiellen zweiten Oscarnominierung, die ihm die Darstellung der Transgender-Frau "The Danish Girl" (Filmstart: Donnerstag) einbringen könnte, eine bescheidene Selbsteinschätzung.

Tatsächlich könnte es bei der Goldbuben-Verleihung im Februar zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Redmayne und seinem US-Kollegen Leonardo DiCaprio im Bereich Bester Hauptdarsteller kommen: DiCaprio würde als Bärentöter in "Der Rückkehrer" antreten – und Mr. Redmayne als "The Danish Girl".

Genaueres weiß man am 14. Jänner, wenn die Oscarnominierungen bekannt gegeben werden.

Verwandlungskünstler

Immer werde er darauf angesprochen, beschwert sich Redmayne. Dass er nach Stephen Hawking schon wieder eine Figur spiele, die eine große Verwandlung durchmache: "Dabei hat man mir die Rolle von ,Danish Girl‘ bereits vor ,Stephen Hawking‘ angeboten. Da steckt kein großer Plan dahinter."

Doch das mit der Verwandlung stimmt: In "The Danish Girl" spielt Redmayne den erfolgreichen dänischen Maler Einar Wegner, der plötzlich die Frau in sich entdeckt. Es beginnt mit einem Scherz: Einar lässt sich von seiner Ehefrau Gerda (famos: Alicia Vikander) dazu überreden, sich bei einem Ball als Frau zu verkleidet und als Cousine Lili aufzutreten. Doch einmal zum Leben erwacht, lässt sich die Rolle nicht mehr abstreifen. Zuletzt unterzieht sich Einar Wegener einer der ersten Geschlechtsumwandlungen der Geschichte und wird zur Transgender-Frau Lili Elbe.

Julia Roberts

Redmayne spielt diese Transformation vom Mann zur Frau bis zur – man möchte fast sagen – narzistischen Selbstentäußerung. Entrückt sitzt er mit weißem Schwanenhals vor dem eigenen Spiegelbild, lässt Seidenstrümpfe über seine Hand rieseln und Spitzenkleider über den Körper gleiten.

"Der Lieblingsfilm meines Vaters ist ,Pretty Woman‘", gibt Redmayne das (etwas überraschende) Vorbild für sein Rollenspiel preis: "Schon als ziemlich kleines Kind habe ich diesen Film x-mal angeschaut – und bis heute bin ich ein großer Fan von Julia Roberts. Gut möglich, dass sich einige ihrer Manierismen in meiner Darstellung von Lili wiederfinden."

Gut möglich.

Aber Redmayne studierte nicht nur "Pretty Woman", sondern nahm auch Tanzstunden: "Diese körperliche Anstrengung half mir, Druck wegzunehmen und mich mehr auf die Rollensituation einzulassen. Das war unglaublich inspirierend." Überhaupt wäre er "total wild darauf" gewesen, die Rolle der Lili Elbe zu spielen: "Im Vorfeld glaubt man ja nie, dass man eine begehrte Rolle auch tatsächlich bekommen wird", sagt der Schauspieler und Ex-Klassenkollege von Prinz William: "Man wirft sich unglaublich ins Zeug und tut alles, um die anderen davon zu überzeugen, dass man genau der Richtige ist. Aber wenn man die Rolle dann bekommt – noch dazu so eine wie Lili – oh Gott! Dann setzt die Angst ein."

Dieses Gefühl der Angst kenne er nämlich sehr wohl: "Ich bin absolut kein furchtloser Schauspieler, im Gegenteil. Aber ich habe das Gefühl, dass Angst manchmal auch sehr nützlich sein kann."

Keine Imitation

Oscar-Preisträger und Regisseur Tom Hooper ("The King’s Speech") hatte für die Verwandlung in Lili Elbe nur einen Rat, den er Eddie Redmayne mitgab: "Du imitierst nicht eine Frau, du bist eine Frau. Und deren wahre Identität musst du enthüllen."

Dass kein Schauspieler aus der Trans-Community engagiert wurde, um eine Ikone der Transgender-Bewegung wie Lili Elbe zu spielen, war auf Kritik gestoßen. Immerhin beteuert Redmayne bei jeder Gelegenheit, wie sehr er sich der Transgender-Community, die bis heute mit Vorurteilen und Gewalt konfrontiert ist, verbunden fühle. Und wie viel er dem Input von Betroffenen für seine Rollenvorbereitung verdanke.

Gerade was das eigene Auftreten in Frauenkleidern und Stöckelschuhen betraf, ließ er sich von realen Erfahrungen leiten: "Ich habe mit vielen Menschen mit Transgender-Erfahrung gesprochen. Sie haben mir erzählt, was sie anfänglich für ,Fehler’ während ihrer ,Verwandlung‘ gemacht haben – etwa, beim Tragen von Stöckelschuhen zu übertreiben. Aber Lili Elbe wird sich ihres eigenen Auftretens im Zuge der Geschichte immer sicherer."

Und was bedeutet es für den Schauspieler (und seine Eitelkeit), eine Rolle zu spielen, in der es so stark ums äußere Erscheinungsbild geht wie in "The Danish Girl"?

"Ich habe in meinem Leben oft Rollen gespielt, in denen ich so attraktiv wie möglich aussehen musste", so Eddie Redmayne lakonisch. "Und dann höre ich, wie die Leute hinter der Kamera darüber tuscheln, ob es mir gelungen ist – oder nicht."

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