Dokumente von Tradition und Aufbruch
Fuhrwerke mit langer und kurzer Ladefläche, mit Leitergestellen, Flechtkörben, Kisten: Wer die Fotografien heute sieht, muss wohl oder übel an das Ehepaar Bernd und Hilla Becher denken, das ab den späten 1950er Jahren Wassertürme, Förderkräne und dergleichen in ähnlich nüchterner, serieller Weise fotografierte.
Über Strobls persönliche Biografie konnte Kuratorin Ulrike Matzer trotz intensiver Recherchen wenig herausfinden: 1865 in Schlesien zur Welt gekommen, übersiedelte sie in den 1890er Jahren nach Wien und eröffnete ein Fotoatelier im Prater.
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Da sich Strobl bald als Spezialistin für Blitzlicht-Fotografie etablierte, kamen ihr auch allerhand Aufträge in Innenräumen zu: Von Höhlenexpeditionen über die Kunstgewerbeausstellungen, die im heutigen MAK die neuesten Jugendstil-Interieurs präsentierten, bis zu Dokumentationen von städtischen Wohnheimen, Villen und Hotels reicht das umfassende Oeuvre, das in der Schau präsentiert wird.
Strobls nüchterne, zugleich technisch brillant ausgeführte Fotografie fasziniert dabei weniger als Ausdruck einer individuellen Vision, sondern als Spiegel eines sonst schwer fassbaren Fortschrittsdenkens der Zeit um 1900: Wie da die Stahlkonstruktionen und Heizöfen aufblitzen, während sich daneben die Auftraggeber fast wie einem niederländischen Gildenporträt rangbewusst aufstellen – all dies ist höchst aufschlussreich für eine Zeit, die sich lange nicht zwischen Tradition und Aufbruch entscheiden konnte.
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