Wie ein Stück Treibholz

Mit 69 erstmals als Solo -Musiker unterwegs: Dieter Meier tritt am 29. Mai im Wiener WUK auf
Yello-Sänger Dieter Meier veröffentlicht "Out Of Chaos" und geht damit auf Tour.

Wie ein Stück Treibholz sein, ziellos durch die Straßen einer Stadt flanieren, die Unbedeutung und auch die Leere, die diese Ziellosigkeit mit sich bringt – das ist etwas, das ich sehr genieße."

Für Dieter Meier, den Frontmann des Schweizer Avantgarde-Disco-Duos Yello, ist planloses Durchs-Leben-Treiben eine "Großbefindlichkeit". Und die prägt jetzt die Texte des ersten Solo-Album des 69-jährigen Musikers, Autors, Künstlers und Unternehmers.

"Out Of Chaos" hat er dieses eben erschienene Debüt genannt. Denn es entstand aus einem Zufall: "2009 schickten wir den Film ,Touch Yello‘ auf Tour. Ich fand aber, dass es zu wenig ist, für 30 Euro nur einen Film zu bieten", erzählt er im KURIER-Interview. "Deshalb habe ich Songs geschrieben, die ich – begleitet von Klavier, Geige, Drums, Bass und Gitarre – zusätzlich singen konnte."

In Argentinien, wo der Sohn eines Schweizer Bankiers eine Bio-Rinderzucht und Weinanbau betreibt, machte er sich ans Schreiben. Die Tour war gebucht, aber er hatte nie selbst Songs auf Instrumenten geschrieben, immer nur die Sounds von Studio-Tüftler Blank mit Texten vervollständigt.

Neue Erfahrung

"Es war eine völlig neue Erfahrung: Nach wochenlangem chaotischem Gitarre-Geklimper sind mir dann diese Songs zugefallen", sagt er.

Musikalisch pendelt Meier damit zwischen lässigen Latin-Rhythmen ("Paradise Game"), düsteren Piano-Streicher-Balladen ("Loveblind") und elektronisch-avantgardistischen Beats wie dem großartigen "Schüüfele". Gekrönt wird all das von Meiers Erzählungen über die Verlorenheit später Nachtstunden und seinem bluesigen Gesang. Der schweißt die musikalische Vielfalt mal bedrohlich, mal mysteriös und dann wieder melancholisch zu einem eindringlichen Gesamtwerk zusammen.

Meier betont aber, dass er keinen Drang spürte, einmal ohne Blank mit echten Instrumenten zu arbeiten.

"Wie alles in meinem Leben ist mir das Album in den Schoß gefallen. Künstlerische Projekte kommen immer auf mich zu, werden an mich herangetragen, ich bin da überhaupt nicht zielgerichtet. Es wäre für mich unmöglich, jeden Tag um Acht aufzustehen und in ein Tonstudio, ein Atelier oder eine Schreibstube zu gehen und so kreativ zu sein."

Schoko-Produzent

Als Unternehmer sieht sich Meier genauso in der Rolle des Kreativen. Er verkauft die Bioprodukte aus Argentinien in einem Laden in Zürich. Er führt Restaurants, stellt digitale Mischpulte und Uhren her und hält Anteile an einem Buchverlag und Bergbahnen.

"Momentan arbeite ich an einer neuen Methode zur Herstellung von Schokolade. Dahinter steckt die Idee eines Wissenschafters, wie man mehr Aroma aus der Kakaobohne zentrifugieren kann. Herauszufinden, wie man das umsetzet, wie man die Schokolade nennen und vermarkten kann, ist ein kreativer Prozess. Ich mache so etwas aber immer nur in Zusammenarbeit mit Leuten, die für die alltägliche Abwicklung sorgen. Denn mit meiner Liebe dafür, durch die Tage zu treiben und Dinge entstehen zu lassen, bin ich dafür völlig ungeeignet."

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