Die Päpstin - Von Donna W. Cross

Eine Geschichte voll Kampf und Leid, voller Mittelalter und Menschlichkeit. Das Leben einer Frau, die unüberwindlich scheinende Grenzen durchbricht.

Es war am siebenundzwanzigsten Tag des Wintarmanoth im Jahre unseres Herrn 814, im härtesten Winter seit Menschengedenken.“ So beginnt, im hohen Ton eines Epos oder Märchens, der historische Roman „Die Päpstin“ von Donna Woolfolk Cross. Eine Geschichte voll Kampf und Leid, voller Mittelalter und Menschlichkeit. Erzählt wird das Leben einer Frau, die – getrieben von Neugier und Wissensdurst – unüberwindlich scheinende Grenzen durchbricht: Die Heldin Johanna verkleidet sich als Mann, wird so erst Klosterschüler und Benediktinerbruder, dann Leibarzt des Papstes in Rom und schließlich selbst zum Oberhaupt der katholischen Kirche. Eine dramatische Entwicklung, die immer wieder aufgehalten zu werden droht: durch Missgunst, Gewalt, Elend oder Krankheiten wie die Pest.

Es ist eine außergewöhnliche Lebensgeschichte, an der uns Donna W. Cross teilnehmen lässt. Die amerikanische Autorin, 1947 in New York City geboren, nutzt für ihr literarisches Debüt eine alte Legende: Seit dem 13. Jahrhundert ist in alten Chroniken immer wieder die Rede von einer Päpstin Johanna, auch Johannes Anglicus genannt – einer Frau, die sich im Schutz der Männerkleider auf den Heiligen Stuhl setzte. Cross formt diesen Stoff großartig: spannend und authentisch, einfallsreich und eindringlich. Der 1996 erschienene Debütroman „Pope Joan“ feierte weltweit Verkaufserfolge. Das Buch wurde in mehr als 15 Sprachen übersetzt und hielt sich über Monate auf den vordersten Plätzen sämtlicher Bestsellerlisten. Donna W. Cross – und das ist eine seltene Ausnahme im Literaturbetrieb – hat bis jetzt keinen weiteren Roman veröffentlicht. Aber sie arbeitet, wie ihrer Homepage zu entnehmen ist, an einer neuen, im Frankreich des 17. Jahrhunderts spielenden Geschichte. Für „Die Päpstin“, so Cross, habe sie sieben Jahre gebraucht – die Chancen dürften also nicht schlecht stehen, dass ihr zweiter Roman in nächster Zeit erscheint.

Die Päpstin - Von Donna W. Cross
Ein Königreich für ein Bild!

Die Autorin lebte in Pennsylvania und London, arbeitete in der Werbebranche und als Herausgeberin. 1973 zog sie zurück nach New York, wo sie eine Stelle als Lehrerin für Kreatives Schreiben antrat und zwei Sachbücher über die Sprache veröffentlichte (eines davon trägt den schönen Titel: „Wie die Wörter, die wir benutzen, uns benutzen“). Die immer wieder aufkeimende Diskussion darüber, ob es eine Päpstin Johanna gab oder nicht ist für ihren Roman unerheblich. Im Gegenteil: Cross zeigt auf großartige Weise, wie Literatur Wirklichkeit und Fantasie verbinden kann.

Dabei stilisiert sie ihre Heldin nicht zur Überfrau, sondern stellt sie als normalen, mit Schwächen versehenen Menschen dar. Selbst die eingebaute Liebesgeschichte gleitet nie ins Kitschige ab und bleibt wunderbar romantisch, ohne theatralisch zu werden. Freilich legt Cross ihrer Johanna manchmal modern anmutende Gedanken in den Kopf, die so im 9. Jahrhundert wohl niemals gedacht worden sind. Puristen des Historischen Romans mag das stören, der Authentizität schadet es nicht. Im Gegenteil: Das Buch zeichnet innerhalb dieser Gattung eine starke Frauenfigur, die wir genau deshalb verstehen und mit der wir mitleiden können. In einem interessanten Anhang fasst Cross die Legende um eine mögliche Päpstin zusammen und schließt mit ähnlichen Gedanken: „Für Frauen, die stark genug waren zu träumen, gab es Gelegenheiten. Die Päpstin ist die Geschichte einer Frau, die einen solchen Traum gelebt hat.“

Kommentare