Die Medien als Komplize des Terrorismus
Die Hauptfunktion von modernen Massenmedien ist die "Einberufung zum Erregungsdienst". Ständig wird eine Reihe von Erregungsvorschlägen abgetestet – eine glückliche Gesellschaft erkennt man daran, dass "die Erregungsvorschläge vielfältig sind und zerstreuende Wirkung haben".
In Krisenzeiten dagegen neigen die Massenmedien zum Monothematismus. Wer da nicht mitspielt – Stichwort: "Sondersendung" – und sich der monothematischen Nation damit entzieht, wird zurechtgewiesen.
Das ist die Grundthese des Vortrags, den Peter Sloterdijk im Rahmen der Generalversammlung des Verbands Österreicher Zeitungen (VÖZ) am Donnerstag hielt. In einem Exkurs widmete sich der Philosoph und Kulturwissenschaftler, der am Dienstag 65 wird, auch dem Problem Terrorismus. Terroristen seien "wildgewordene Medienbenutzer", so Sloterdijk. "Wir berichten am breitesten über das Schlimmste. Der Terrorist hat verstanden: Wenn es so ist, dass ich die maximale Bestätigung für die maximale Scheußlichkeit bekomme, dann kann ich mit einer Scheußlichkeit den ganzen Apparat für mich arbeiten lassen. Die Mediengesellschaft ist ein Komplize des internationalen Terrorismus." Die Gesellschaft müsse den Erregungsdienst an dieser Stelle verweigern. Es gebe in diesem Zusammenhang keine Informations-, sondern Beruhigungspflicht.
Potenzial des Internet
Weitere Vortragende im Rahmen der VÖZ-Generalsversammlung waren Max Schrems, Sprecher der Wiener Studentengruppe europe-v-facebook.org , sowie Gökalp Babayigit von der Süddeutschen Zeitungund Journalistik-Professor Stephan Weichert. Beide warnten davor, dass viele Verlage das Potenzial des Internets noch nicht erkannt hätten. Wichtiger als der Inhalt der Zeitung könnte bald der Umgang mit den Lesern sein, meinte Babayigit. Man müsse mit ihnen über soziale Plattformen in Kontakt treten und ihre Anregungen umsetzen.
Kommentare