"Die Kameliendame": Klassiker ohne Ablaufdatum

Auch nach 36 Jahren taufrisch: John Neumeiers Choreografie der "Kameliendame"
John Neumeiers bejubeltes Ballett "Die Kameliendame" als Gastspiel im Theater an der Wien.

Begeisterung und Jubel bei der Premiere von John Neumeiers Ballett "Die Kameliendame" im Rahmen eines dreitägigen Gastspiels des HAMBURG BALLETT im Theater an der Wien: 1978 für das Stuttgart Ballett entstanden, ist dieses dreiteilige Handlungsballett mit Prolog zu einem legendären Klassiker geworden.

36 Jahre und drei Tänzergenerationen später ist "Die Kameliendame" immer noch frisch. Während andere Ballettcompagnien den Mangel an Persönlichkeit bei gleichzeitig wachsendem technischem Niveau beklagen, präsentiert John Neumeier sein HAMBURG BALLETT als einzigartiges Ensemble von herausragenden Tänzern. 80% kommen aus der eigenen Schule, der allen vertraute Stil erlaubt selbst dem Corps de ballet einen spielerischen Umgang mit den Raffinessen der Choreografie.

Auch Alina Cojocaru ist eine erfahrene Neumeier-Tänzerin. Sie berührt in der Titelrolle der Marguerite Gautier, die sich vom Tod gezeichnet von einer Lebedame durch die Liebe verwandelt. Cojocaru vermittelt das letzte Aufblühen eines gegenwärtigen It-Girls. Ganz ohne oberflächliche Aktualisierungen führt Neumeiers Choreografie direkt in die Gegenwart.

Intensive Bravour

Herausragend interpretiert Alexandre Riabko Armand Duval zunächst als romantischen Künstler, der später mit seiner Liebe Konventionen und Grenzen sprengt. Ob in seinen Begegnungen mit Freunden, dem strengen Vater (Carsten Jung) oder in den wunderbaren Pas de deux mit Marguerite: Riabko verbindet tänzerische Bravour mit einer intensiven Darstellung wie sie im Tanz nur selten zu erleben ist.

Zu Neumeiers Kunstgriffen zählt auch, dass er mit Manon Lescaut und Des Grieux einen mit der "Kameliendame" verwandten Stoff einführt. Carolina Agüero und Thiago Bordin erweitern als theatralisches Spiegelpaar mit vergleichbarem Schicksal die Zweierbeziehung und sorgen zusammen mit abwechslungsreichen Soli im Corps de ballet dafür, dass in drei Stunden kein bisschen Langeweile aufkommt.

Kompositionen Frédéric Chopins sind ein weiterer Ausgangspunkt. Intime Szenen werden meist vom Klavier begleitet (Michal Bialk), Treffen in der Gesellschaft vom Orchester (Wiener KammerOrchester unter Dirigent Stefan Vladar).

KURIER-Wertung:

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