Die Grenzen des Museumswachstums

Der Direktor des New Yorker Metropolitan Museums trat zurück – er hatte sich mit Projekten überhoben

Die Wolken hatten sich zwar schon verdichtet, der Blitz schlug dann aber doch überraschend ein: Dienstagabend wurde bekannt, dass Thomas P. Campbell, Chef des New Yorker Metropolitan Museums, abdankt. Der Umbruch im größten Kunstmuseum der USA wirkt über die amerikanische Szene hinaus: Denn er erschüttert ein Modell des Kulturbetriebs, der private Geldgeber massiv beansprucht und auf ungebremstes Wachstum baut.

Zu viel, zu schnell

Die Grenzen des Museumswachstums
(FILES) This file photo taken on January 22, 2017 shows the director of The Metropolitan Museum of Art, Thomas P. Campbell speaking at the in New York City. Campbell, an expert on tapestries who has been director and chief executive officer of the Met since the beginning of 2009, said he would step down at the end of June 2017. The Met, one of the world's largest museums with collections spanning the globe from antiquity onward, opened a modern art annex, the Met Breuer, last year and says overall attendance has shot up to seven million a year, 40 percent more than when Campbell took charge. / AFP PHOTO / GETTY IMAGES NORTH AMERICA / Mike Coppola
Unter Campbell, der seit 1996 als Tapisserie-Experte an dem Museum gewerkt hatte und 2009 in die Chefetage aufrückte, wuchs das Budgetdefizit des Hauses rasant an. Er habe „zu schnell zu viel“ getan, hatten hausinterne Kritiker zuletzt gegenüber der New York Timesventiliert.

Campbell investierte nicht nur massiv in neues „Branding“ und digitale Aktivitäten: Zum 150-Jahr-Jubiläum des Hauses 2020 wollte er einen neuen Gebäudeteil des Architekten David Chipperfield eröffnen. Für diesen hätten 600 Millionen US-Dollar gesammelt werden sollen – die Umsetzung wurde nun jedoch auf Eis gelegt.
Als Zwischenquartier ließ Campbell auch das Gebäude von Marcel Breuer, in dem zuvor das Whitney Museum of American Art residiert hatte, adaptieren: Das „Met Breuer“ war wiederum hilfreich, um den Sammler Leonard Lauder dazu zu bewegen, dem Museum seine Kubismus-Kollektion zu vermachen. Obwohl das vor einem Jahr eröffnete Haus mit 557.000 Besuchern unerwartet hohen Zuspruch fand, bohrte es ein Loch ins Budget – die Einrichtung verschlang über 12 Millionen, der Betrieb braucht 17 Millionen Dollar im Jahr.

Die Grenzen des Museumswachstums
An exterior view of the Met Breuer, The Metropolitan Museum of Art's new space dedicated to modern and contemporary art, on the upper east side of Manhattan March 1, 2016 in New York. / AFP / Don EMMERT
Das „Met“ ist mit dieser Situation nicht allein: Auch dieNew Yorker Philharmonikerverschoben die Renovierung ihrer Konzerthalle aus Kostengründen – zuvor hatte man noch den Namen der „Avery Fisher Hall“ weiterverkauft, nach einer 100-Millionen-Dollar-Spende heißt sie nun „David Geffen Hall“. In Kalifornien muss der Direktor Michael Govan 600 Millionen Dollar für das „Los Angeles County Museum of Art“ (LACMA) aufstellen – ob er es schafft, ist ungewiss.

Kultur folgt Konjunktur

Öffentliche Gelder machen im Budget des Metropolitan Museums nicht einmal neun Prozent aus. Rund ein Drittel stammt von Erträgen eines 3,2 Milliarden Dollar schweren Investment-Portfolios, die mit der Börsenlage allerdings schwanken – Campbell brauchte daher auch Rücklagen auf. Gemeinsam mit Spenden machten sie ein weiteres Drittel des Budgets aus, die restlichen Erträge – aus Tickets und Shops – schwächelten ebenso. Den Höhenflug von Campbells Plänen konnte dieses System nicht mehr mitmachen: Der Pilot wählte also den Schleudersitz.

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