Die Finessen eines "Sanierungsfalles"

Die Finessen eines "Sanierungsfalles"
Nachgefragt in Bochum: Rekordauslastung dank Hartmann, aber für Finanzen war anfangs Stadt verantwortlich.

Er war "gern und erfolgreich" in Bochum Intendant, und er war "nicht so gern, aber erfolgreich" in Zürich, soll Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann laut FAZ über seine früheren Jobs gesagt haben. Wie er seine Zeit in Wien resümieren wird?

Den Ruf als Macher, als der er in Wien angetreten ist, den bestätigte Hartmann in Bochum sehr wohl. Er stellte den Abonnenten-Rekord von Claus Peymann ein, lockte mit Stars wie Harald Schmidt und Helge Schneider ins Theater.

Für seine "Menschenfeind"-Inszenierung mit Michael Maertens standen die Leute Schlange, um Karte zu ergattern. Der Jubel innerhalb der Fachkritik war nie einhellig. Lag doch die künstlerische Latte in Bochum sehr hoch. Immerhin waren dort Claus Peymann und zuvor Peter Zadek tätig. Vielleicht zu Unrecht wurde Hartmann Oberflächlichkeit nachgesagt. Aber er galt, wo er auch war, als begnadeter Strippenzieher. Nun kann es aber sein, dass Hartmann seine Managerqualitäten etwas zu sehr unterstreicht. So sagte er kürzlich in einem Interview mit der APA, er habe in Bochum und Zürich"zwei Sanierungsfälle als Theater geerbt, beide saniert und in einer hervorragenden Situation zurückgelassen." Sein Vorgänger Leander Haußmann wies das zurück.

"Es gab nichts zu sanieren", sagt auch der Bochumer Stadtdirektor Michael Townsend auf KURIER-Anfrage. Als Hartmann als Intendant anfing, war das Schauspielhaus Teil der Stadtverwaltung. Die kümmerte sich um die finanzielle Seite. Er hatte von seinem Vorgänger ein Haus übernommen, das künstlerisch sehr gut, von der Auslastung her aber verbesserungswürdig war. Um sich mehr Durchsetzungsmöglichkeiten zu verschaffen, strebte Hartmann eine Strukturveränderung an. Er wollte das Schauspielhaus zur GmbH machen, herauskam eine "Anstalt öffentlichen Rechts" – ähnlich einer GmbH, allerdings ist die öffentliche Hand finanzieller Ausfallsbürge.

"Hartmann ist es gelungen, die Auslastung zu erhöhen. So gesehen war er ein populärer Intendant. Die angestrebte Verselbstständigung des Hauses erfolgte jedoch aus Gründen der politischen Durchsetzbarkeit mit einer strukturellen Unterfinanzierung. Ein Problem, das Jahre später erheblichen finanziellen Korrekturbedarf auslöste", so Townsend.

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