Die Festwochen sind tot – lang leben die Festwochen!

Conchita und Georgij Makazaria bei der Eröffnung
Kommentar. Die Eröffnung ist überstanden, ab jetzt ist bei alles anders. Am Ende werden die Festwochen hoffentlich nicht nur heutig gewesen sein.

Die Eröffnung der Wiener Festwochen ist bestritten; und alle außer jenen, denen Conchita noch eine Aufregungsvorlage ist, werden einen bequemen Abend erlebt haben: Der Rathausplatz (und das eigene Fernsehsofa) war die Komfortzone der allergemütlichsten Form der Weltoffenheit. Damit ist jetzt Schluss.

Prognosen über das heurige Programm sind, obwohl sie jeder macht, schwierig; aber eine sei gewagt: So fremd wie heuer wird die Eröffnung dem restlichen Geschehen noch nie gewesen sein. Denn das Wiener Vorzeigefestival wird vom neuen Intendanten Tomas Zierhofer-Kin nicht nur inhaltlich umgekrempelt, sondern auch ganz woanders hingestellt. Vorbei ist es mit der Leistungsschau des Bühnengeschehens an genau jenen Orten, an denen es auch unter dem Jahr eine Leistungsschau des Bühnengeschehens gibt (oder geben sollte).

Jetzt muss man sich rausbewegen aus der Innenstadt, und auch aus der innerlichen Innenstadt: Die Festwochen setzen auf Performance, Diskurs, auf neue Orte und neue Vermittlungsangebote. Dass das beim etablierten Publikum auf Missfallen stößt, hat – in Wien – wohl hoffentlich niemanden überrascht.

Dass das herkömmliche Bühnengeschehen seine Behauptung, die Aufklärung zu fördern, bisher nicht so recht eingelöst hat, spricht andererseits stark dafür, neue Wege zu suchen. Es kommt also nun in Wien zum Schnellsiede-Nachhilfeunterricht in der Darstellungsavantgarde des vergangenen Vierteljahrhunderts.

Das kann man nötig finden oder nicht. Es kommt aber zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Denn die Menschen wehren sich, siehe Brexit und Trump, allerortens mit aller Macht gegen das Angeredetwerden von oben herab. Just in diesem Moment fahren die Festwochen die Kuratorensprachen-Hürden hoch. Man lässt wissen, wie besonders gut man sich in der sexuell verflüssigten, grenzenlosen und nischenförmigen Welt von heute auskennt. Und klingt dabei wie ein frisch gebackener Soziologie-Master, der nicht weiß wohin mit all dem Weltdurchschauen.

Das ist heikel. Ein Pflichtproseminar in Diskursperformance rettet niemandem vor den Fallstricken des Populismus – schon gar nicht die Kultur, die sich ohnehin leicht auf der Verliererseite des Aufbegehrens gegen die Eliten findet.

Das beste Resümee der Festwochen wäre: Sie waren im Erleben bereichernd, erweiternd und hoffentlich auch unterhaltsam. Und nicht nur anders, nicht nur kampfheutig.

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