Die Erklärung von Alexander Wrabetz im Wortlaut

Die Erklärung von Alexander Wrabetz im Wortlaut
Der ORF-Generaldirektor reagierte auf den Rückzug Pelinkas und erklärte in einer Aussendung, dass er die Ausschreibung des Büroleiters zurückzieht.

In den vergangenen Tagen haben von mir angekündigte Strukturveränderungen und Personalentscheidungen zu heftigen internen und externen Diskussionen geführt. Insbesondere wurde die in Aussicht genommene Bestellung von Niko Pelinka zu meinem neuen Büroleiter als Problem für die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung gesehen. Der Protest von mehr als 1.300 Journalistinnen und Journalisten ist ernst zu nehmen. Diese Diskussion innerhalb des Unternehmens legt nämlich auch Zeugnis ab von Stärke, Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit der journalistischen MitarbeiterInnen. Es geht ausschließlich, wie auch von den ORF-Redakteurinnen und -Redakteuren formuliert, darum, Schaden für das Ansehen des Hauses abzuwenden, was selbstverständlich auch zu meiner Verantwortung gehört.

Ebenso ist zu berücksichtigen, dass notorische ORF-Gegner versuchen, die Debatte in eine für den ORF negative Richtung zu lenken. Dass die Diskussion und die Anfeindungen in Kommentaren und Postings von externer Seite teilweise auf einem menschenverachtenden und entwürdigendem Niveau stattgefunden haben, ist erschreckend und fällt auf so manchen Wortmelder zurück.

Niko Pelinka hat nun seine Bewerbung für den Posten meines Büroleiters zurückgezogen. Ich respektiere seine Entscheidung, dafür nicht mehr zur Verfügung zu stehen und sich beruflich neu zu orientieren, in höchstem Maße. Die geplante Bestellung von Niko Pelinka war ebenso wenig Gegenstand einer parteipolitischen Absprache wie sein nun bekanntgegebener Rückzug. Ich bin auch überzeugt, dass sich Niko Pelinka mit großem Einsatz bedingungslos für den ORF und die im öffentlich-rechtlichen Auftrag enthaltenen Werte eingesetzt hätte.

Ich nehme für mich in Anspruch, in den vergangenen Jahren einen Kulturwandel im Unternehmen eingeleitet zu haben, der sich neben der uns allgemein attestierten journalistischen Freiheit und Unabhängigkeit auch darin äußert, dass angstfrei und offen Sorgen und Kritik artikuliert werden können. Eine anhaltende negative Diskussion ist dem Unternehmen jedoch nicht zuzumuten.

In den vergangenen Wochen wurden neben inhaltlichen auch die formalen Fragen der Bestellung intensiv diskutiert. Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Ausschreibung wurde die Sinnhaftigkeit von angewandten Arbeitsbildern etc. thematisiert. Dieser Diskussion werde ich wie folgt Rechnung tragen: Die Ausschreibung für den Büroleiter Generaldirektion wird aufgehoben, die geplanten neuen Agenden Bundesländerkoordination und Strategische Planung, die auch von Prüfungskommission und Rechnungshof gefordert sind, werden derzeit nicht als Abteilungsstrukturen eingerichtet, sondern auf Projektebene weiter verfolgt.

Eine allfällige spätere Neustrukturierung der Generaldirektion wird intern ausführlich diskutiert und allfällige Positionen werden nach entsprechender Ausschreibung besetzt. Dabei wird es zu keiner Ausweitung des Personalstandes der Generaldirektion kommen und auf bisherigen Vorarbeiten aufgebaut. Mein Ziel ist es nun, die Dynamik der Diskussion und die positive selbstbewusste Energie der ORF-Belegschaft nachhaltig aufzugreifen. Insbesondere hat sich gezeigt, dass die Corporate-Governance-Regeln weiterentwickelt werden sollten. Während es in den vergangenen Jahrzehnten im ORF ebenso wie in anderen Unternehmen durchaus möglich und üblich war, vom Aufsichtsrat in Unternehmensfunktionen zu wechseln, hat sich hier die öffentliche Diskussion und Sensibilität deutlich weiterentwickelt. Dem ist z. B. durch entsprechende "Cooling off"-Phasen Rechnung zu tragen. Ich werde daher die Redakteursvertreter, Belegschaftsvertreter und Führungskräfte des Hauses zu Gesprächen darüber einladen, durch welche Maßnahmen der ORF seine Position verbessern kann. Dazu gehören aber nicht nur interne Regulative, sondern auch Maßnahmen der langfristigen Absicherung der Rahmenbedingungen, wie z. B. die Möglichkeit der Interaktion des ORF mit sozialen Netzwerken. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk darf nicht durch rechtliche Einschränkungen von neuen medialen Entwicklungen abgeschnitten werden. Die vergangenen Tage haben gezeigt, dass ein starker unabhängiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk breiten Bevölkerungskreisen ein Anliegen ist."

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