Die Abschaffung der Geschlechter im Universaldorf

Sissy Noé, Martin Hemmer, Miriam Fussenegger
Kritik: Katja Brunners "Die Hölle ist auch nur eine Sauna" im Kosmos Theater. Eine Textfläche, in der sich die Schauspieler verlieren.

Man hört den Titelsong von „Desperate Housewives“, sieht Modelle von Vorstadthäusern, weiße Vorgartenzäune auf grünem Rasenteppich und kennt sich fürs Erste einmal aus. Wir sind beim ewigen Kampf der Geschlechter, hier weniger dargestellt als rezitiert von zwei jungen Frauen und einem jungen Mann, der einen Hermaphroditen spielt. Oder so ähnlich.

„Die Hölle ist auch nur eine Sauna“ ist ein Zitat aus der Highschool-Komödie "10 Dinge, die ich an dir hasse". Der jungen Schweizer Autorin Katja Brunner dient es als eines von vielen Versatzstücken, um das Thema Geschlechterdifferenz zu sezieren.

Schnell ist man im Universellen: Erzählt wird, wie mit Adam und Eva und der Schlange und dem Apfel alles angefangen hat; wie aus einer Ur-Szene des amerikanischen Kolonialismus, zwischen Pocahontas und Captain Smith, bei Disney eine Liebesromanze wurde; wie Mädchen im Alten Rom auf dem Misthaufen der Geschichte landeten, weil sie nichts wert waren.

Szenenfotos aus "Die Hölle ist auch nur eine Sauna"

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Fritzlland? Nein, Universaldorf!

Plötzlich scheint man allerdings aus dem Universellen zurückgeworfen nach Fritzlland. „Die da unten“ wird von ihrem Vater in einem Kellerverlies festgehalten, wo dieser ein Kind nach dem anderen mit ihr zeugt. Brunner kocht aber keineswegs ein österreichisches Süppchen, sondern lässt dies alles in einem „Universaldorf“ spielen.

Wobei „Spielen“ in dieser postdramatischen Textfläche fast eine Unmöglichkeit darstellt. So reihen sich hier Zitate, Thesen und Bonmots aneinander, kaum in Dialogform, mit mehrmaligem Kleiderwechsel werden Typen wie „die da unten“, „Mädchen“ und „Amazone“ dargestellt.

Utopie

Wollte man eine Handlung herausschälen, dann wäre es diese: Nach der Geburt des dreizehnten Kindes setzt „die da unten“ einen kühnen Schritt. Sie entlässt „Hermi“ als Mischwesen in die Außenwelt, und so kommt es am Ende des eineinhalbstündigen Abends relativ unvermittelt zur Postulierung einer Utopie. Durch die Abschaffung der Geschlechter soll reiner Tisch gemacht werden mit Gewalt, Missbrauch, Konflikt und Benachteiligung.

Die Schauspieler ( Sissy Noé, Miriam Fussenegger, Martin Hemmer) bemühen sich redlich um Originalität, die im Text auch immer wieder aufblitzt. Zitat „Hermi“: „Ich bin eine Frau, die ein Mann ist, der eine Frau ist, die einen Mann spielt. Wenn es Christus gibt, bin ich Christa.“

Vieles ist hier Experiment, manches albern, vieles wirkt nur angedacht. Einige Passagen lassen sich wohl gut lesen. Aber zu einer wirklich fesselnden Lösung, diesen Textstrom auf die Bühne zu heben, hat man bei der österreichischen Erstaufführung noch nicht gefunden.

KURIER-Wertung:

Infos zum Stück

Produktion"die hölle ist auch nur eine sauna“. Von Katja Brunner. Mit Sissy Noé, Miriam Fussenegger, Martin Hemmer. Regie & Dramaturgie: Tanja Witzmann; Bühne & Kostüm: Birgit Kellner

Bis 25. Oktober 2014, Dienstag bis Samstag, 20:00 Uhr. Koproduktion von Auf Grund und KosmosTheater Wien.www.kosmostheater.at

Die AutorinKatja Brunner, geboren 1991 in Zürich; ihr erstes Stück, „von den beinen zu kurz“ über sexuellen Missbrauch aus der Sicht des Opfers, wurde 2012 im Zürcher Theater an der Winkelwiese uraufgeführt. Die deutsche Erstaufführung folgte am 5. Januar 2013 am Staatstheater Hannover. Brunner wurde dafür mit dem renommierten Mülheimer Dramatikerpreis ausgezeichnet. Mit „Die Hölle ist auch nur eine Sauna“ nahm sie 2012 am Heidelberger Stückemarkt Teil. Am 8. Oktober 2014 wurde das Stück im Stuttgarter Theater Rampe uraufgeführt.

Tipp„von den beinen zu kurz“ ist ab 27. Oktober im Theater Drachengasse zu sehen.

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