Der Erfolg kam erst mit dem "Dienstmann"

Der Erfolg kam erst mit dem "Dienstmann"
Serie (Teil 6) "Wenn man trotzdem lacht", Geschichten und Geschichte des österreichischen Humors. Heute: Hans Moser

Er hat auch als Autor Theatergeschichte geschrieben. Es ist nur ein Sketch, den Hans Moser schrieb, aber er wurde 1923 zum Auftritt seines Lebens: Auf einem Bahnhof nähert er sich als Dienstmann einem wartenden deutschen Ehepaar, neben dem ein großer Koffer steht. Der Herr fordert den Dienstmann auf, das Gepäckstück zum Zug zu bringen. Moser betrachtet den Koffer skeptisch von allen Seiten.

Dienstmann: Wia nehm man denn?

Herr: Mensch, ich versteh Sie nicht.

Dienstmann: (versucht Hochdeutsch zu sprechen): Wie nehmen wir ihm denn?

Herr: Das müssen doch Sie wissen.

Dienstmann: ’s is a Unglück, wenn aner net Deutsch versteht. Alani bring i’n net aufi, da miassen Sie a bissl nachhelfen, und das Fräulein aa.

Dame: (empört) Was, ich soll einen Koffer tragen?

Dienstmann: I brauch ihn nur aufg’legt. In dem Moment, wo ich ihn aufg’legt hab, renn i eh damit wie a Wiesel.

Herr: Wo soll ich ihn nehmen?

Dienstmann: No beim Henkel, drum haben wir ihn ja dran, net. Passen S’ auf, Fräulein, Sie nehmen ihn am besten (überlegt) mit’n Untergriff.

Dame: Mit dem Untergriff?

Dienstmann: Sei Lebtag, sie kann ihn gar net anders nehmen, nur mit’n Untergriff. Also, sammas?

Herr: Ich versteh Sie nicht!

Dienstmann: Sind mir so weit?

Herr: Ja, doch!

Dienstmann: Also, geh ma …

Hans Moser wurde 1880 in Wien als Sohn des Bildhauers Franz Julier und einer Milchfrau geboren. Er arbeitete in einem Ledergeschäft und nahm Sprechunterricht beim Burgschauspieler Josef Moser, dem zu Ehren er sich Moser nannte.

Doch kein Theaterdirektor zeigte Interesse an dem 1,58 Meter kleinen Schauspieler. Also trat er viele Jahre in Gasthaussälen auf, ohne jede Chance, entdeckt zu werden. Nur er selbst wusste von seinem Talent, wie er später als berühmter Schauspieler feststellte: "Das, was ich heute kann, habe ich vor 20 Jahren schon gekonnt. Um kein Haar war ich damals anders als heute."

1910 lernte er die Frau kennen, die sich als Glücksfall erwies. Blanca Hirschler klapperte mit ihm Kabaretts und Nachtlokale ab. Seine große Stunde schlug mit dem "Dienstmann". Endlich wurde man auf den bereits 43-Jährigen aufmerksam, Moser wurde ans Theater an der Wien, an die Bühnen Max Reinhardts geholt und zählte ab Mitte der 1930er-Jahre zu den meistbeschäftigten Filmstars.

Doch das Glück war von kurzer Dauer: Blanca Moser musste in der Nazizeit das Land verlassen, ebenso Tochter Grete, die als "Halbjüdin" eingestuft wurde. Moser arbeitete weiter im "Dritten Reich", war aber von seiner Familie getrennt, verzweifelt, allein.

In seinem letzten Jahrzehnt feierte er, bereits als lebende Legende, große Erfolge am Theater und beim Film, und sein alter Dienstmann-Sketch wurde zur Ausgangssituation für den Filmklassiker "Hallo Dienstmann" mit Paul Hörbiger an seiner Seite.

Hans Moser starb 83-jährig am 19. Juni 1964. Er war bis kurz vor seinem Tod auf der Bühne und vor der Kamera gestanden, auch im hohen Alter noch unnachahmlich und unerreicht.

Das neue Buch von Georg Markus

Der Erfolg kam erst mit dem "Dienstmann"

Der KURIER bringt Auszüge aus dem eben erschienenen Buch „Wenn man trotzdem lacht, Geschichten und Geschichte des österreichischen Humors“, in dem die großen Humoristen, Sa­tiriker und Kabarettisten durch ihre Pointen und Biografien lebendig werden. 352 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Amalthea Verlag
€ 24,95. Erhältlich im Buchhandel oder – handsigniert vom Autor – im kurierclub.at

Mehr zum Thema

  • Hintergrund

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

Kommentare