Country-Star Doug Seegers war jahrelang obdachlos

Jahrelang auf Drogen, jetzt clean und erfolgreich: Doug Seegers
Bevor er mit 61 Jahren entdeckt wurde, schlief Doug Seegers unter einer Brücke

Die Lebensgeschichte von Doug Seegers ist wie ein Märchen: Der Sohn eines Musiker-Paares startete in den 70er-Jahren in New York, spielte dann in Austin/Texas, zog wieder nach New York, arbeitete dort als Tischler und gründete eine Familie. Nach der Scheidung ging er nach Nashville und geriet in einen Sumpf aus Drogen- und Alkoholmissbrauch. Als 2013 eine schwedische TV-Reporterin Seegers für eine Doku über Nashvilles Straßenmusiker interviewte, änderte sich alles. Zwei Alben hat der Country-Star seither veröffentlicht. Am 31. Oktober tritt er in Wien im B72 auf.

KURIER: Wie haben Sie reagiert, als sie erfuhren, dass Ihr Song "Going Down To The River" Platz eins der schwedischen iTunes-Charts ist?

Doug Seegers: Mit Schock und Koma! Damals lebte ich noch unter einer Autobahnbrücke in Nashville. Ein Passant, ein völlig Fremder, erkannte mich und wies mich darauf hin. Ich dachte, so ein Blödsinn, bin dann aber doch in eine Bibliothek gegangen, um Zugang zu einem Computer zu bekommen, und habe dort nachgeschaut. Für eine Minute fühlte ich mich dann wirklich wie im Koma.

Dachten Sie: "Endlich bekomme ich eine Chance"?

Nein, denn ich habe nicht nach einer Chance gesucht. Jill, die Regisseurin der Doku, fand mich über einen Charity-Laden zwei Blocks von meiner Brücke, in dem ich mir immer Essen und Kleidung holte. Jill hatte die Besitzerin des Ladens nach Straßenmusikern gefragt, und die hatte mich empfohlen. Aber erst wollte ich gar nicht interviewt werden, fragte Jill deshalb, ob ich meinen Song "Going Down To The River" spielen kann. Und der wurde nach der Ausstrahlung ein Hit. Aber das Wunder passierte schon sechs Wochen davor.

In wiefern?

Ich habe eine lange Geschichte von Drogen- und Alkohol-Sucht. Heroin, Kokain, Schnaps . . . dazwischen war ich auch clean, aber ich fiel wieder zurück in die Sucht. Einmal als mich meine Freundin verlassen hatte, begann ich total verzweifelt und besoffen zu Gott zu beten: Bitte hilf mir, aus diesem Kreislauf zu kommen! Ich wusste, dass ich mich sonst ins Grab bringe. Am nächsten Tag hatte ich kein Verlangen mehr.

Wie sind Sie da hinein geraten?

Ich war schon als junger Mann leichtsinnig, oft im Gefängnis, weil ich betrunken gefahren bin. Vor 20 Jahren war ich mal auf Entzug. Da sagten sie mir, dass ich mit einer unverantwortlichen Natur geboren bin. Was bedeutet, dass ich keine Kontrolle darüber habe, wenn man Schnaps oder irgendwelche Drogen vor mich hinstellt. Und es gab immer wieder Auslöser: Ich wurde in dem Schreiner-Laden gekündigt, ich war depressiv und voll mit Schuldgefühlen, wegen dem, was ich meiner Familie angetan habe. Mein größter Schwachpunkt ist, dass ich nicht mit Einsamkeit umgehen kann. Es ging darum, diesen Schmerz zu lindern.

Was haben Sie Ihrer Familie angetan?

Ich habe sie verlassen. Ich war in einer Bar, als meine Frau anrief und sagte: "Du musst dich entscheiden. Entweder du nimmst mich, oder deinen Party-Lebensstil. Beides geht nicht!" Am nächsten Tag bin ich gegangen. Jetzt spricht meine Frau nicht mehr mit mir. Aber mit den Kindern habe ich guten Kontakt – obwohl meine Frau mich ihnen gegenüber immer schlecht gemacht hat.

Sie arbeiten an einem Film über ihr Leben, in den Sie auch eine Szene einbauen wollen, in der Sie im Müll nach Essen suchen.

Ich will einfach alles ehrlich zeigen. Ich hatte ein hartes Leben. Damit meine ich nicht, dass es eine ständige Quälerei war, sondern dass ich nie viel hatte. Auch als Kind schon: Oft aßen wir tagelang nur Nudeln mit Butter. Aber ich empfand das nicht als hart, weil meine Mutter uns Liebe gab. Ich habe jetzt nicht mehr allzu lange zu leben. Aber diese Zeit will ich nützen, um mit allem, was ich tue, Inspiration, Hoffnung, Zuversicht und Liebe zu geben.

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