Peymann: Burgtheater-Ausschreibung ist "Meisterstück des gedanklichen Unsinns"

Claus Peymann war 13 Jahre an der Burg.
Der ehemalige Burgtheaterdirektor Claus Peymann reagiert in einem offenen Brief an Thomas Drozda auf die Burgtheater-Ausschreibung. Der antwortet.

Update: Kulturminister Drozda reagiert seinerseits in einem offenen Brief.

Die Suche nach der Leitung des Wiener Burgtheaters ab 2019 ist eröffnet: Am Mittwoch wurde die Ausschreibung für die Direktion des größten Theaters des Landes veröffentlicht. Diese läuft bis 21. Mai, kündigte Kulturminister Thomas Drozda an. So weit, so bekannt.

Bekannt ist auch, dass sich die amtierende Leiterin, Karin Bergmann, nicht um eine zweite Amtszeit, die am 1. September 2019 beginnen würde, bewerben wird. Gesucht wird ein Theatermacher oder eine Theatermacherin, die den Spielplan so gestaltet, „dass er die Begegnung mit zeitgenössischer Literatur ebenso wie mit der klassischen Weltliteratur ermöglicht und für neueste Erscheinungsformen des Theaterlebens offen ist, wobei auch eine gezielte Förderung kultureller Produktionen österreichischen Ursprungs erfolgen soll." Von Bewerbern wird die Kenntnis der Theaterszene ebenso verlangt wie die Befähigung zur Vorgabe künstlerischer sowie wirtschaftlicher Zielsetzungen, die Erfahrung in der Führung und im Umgang mit Mitarbeitern ebenso wie Verhandlungserfahrung.

Claus Peymann, der das Burgtheater von 1986 bis 1999 geleitet hat, bezeichnet in einem offenen Brief (liegt dem KURIER vor) an Thomas Drozda die Ausschreibung als „Meisterstück des sprachlichen und gedanklichen Unsinns. Ach, wie sehr fehlen uns Johann Nestroy, Karl Kraus und Thomas Bernhard, um Ihnen und den Denkern und Strategen der Bundestheater-Holding dafür eine tüchtige Watschn zu verpassen! Falls sich tatsächlich jemand findet, der Ihre Ausschreibung ernstnimmt, kann es nur ein Irrer sein. Aber vielleicht ist es ja genau das, was (…) Österreich (…) am liebsten hätte: einen Irren, der dieses bedeutendste, schönste, geliebteste Theater deutscher Zunge (!) endgültig ruiniert. Das Burgtheater ist (…) kein Wasserwerk und weder die Bank Austria noch die öbb. Und die Burg braucht keinen Prokuristen an der Spitze, auch keinen Manager – sie braucht Künstler: Kunst, Kunst, Kunst!“ Claus Peymann schließt den Brief an Thomas Drozda mit einem P. S.: „Nach Ihrer Ausschreibung wäre ich nie Burgtheaterdirektor geworden – geschweige denn, es 13 Jahre lang geblieben."

Drozdas Antwort

Kulturminister Drozda sandte seinerseits einen offenen Brief retour an Peymann. Die Ausschreibungstexte seien "schon seit einigen Jahren in dieser Sprache verfasst ist. Einer Sprache, die sicherlich kein Beitrag zur Weltliteratur ist", schrieb er. "Wir wollen ihm aber auch nicht mehr Gewicht beimessen, als diesem zusteht. Immerhin hat er die hervorragende Leistung Karin Bergmanns nicht verhindert. Auch
in diesem Punkt sind wir nämlich d’accord: Sie hat es verstanden und versteht es noch, das Burgtheater erstklassig zu führen."

Drozda versicherte Peymann, "dass nicht der geringste Grund zur Sorge besteht. Die Tradition des Burgtheaters als – ich greife eine Formulierung Ihres offenen Briefes auf – das ,bedeutendste, schönste, geliebteste Theater deutscher Zunge' soll gewahrt und in die Zukunft geführt werden! Wir suchen also eine Theaterbesessene oder einen Theaterbesessenen im besten Sinne."

Claus Peymanns Brief an Thomas Drozda ist unterhalb als PDF angehängt (siehe Link Datei #259801210).

Und Thomas Drozdas Retour-Brief findet sich hier:

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